Bild nicht mehr verfügbar.

Im Vorjahr gewann der Schweizer Beat Mändli auf Opus PSG den Grand Prix. Heuer sattelt er Queensland II.

Foto: EPA/Herbert Pfarrhofer

Wien - Auf das Reiten hat Frank Rothenberger keine Lust mehr. "Ist mir zu aufwändig." Deshalb kann sich der 52-Jährige Zeit lassen für einen Springparcours. "Manchmal brauche ich zehn Minuten, manchmal eine Stunde." Das sei abhängig davon, was ihm so einfalle. Heute, Montag, muss er sich etwas mehr einfallen lassen als in den Tagen zuvor: Der Mercedes Wiesenthal Grand Prix ist der traditionelle Höhe- und Schlusspunkt beim Fest der Pferde und anspruchsvollster Springbewerb (20 Uhr). Einige Vorgaben gibt es: Bis zu 1,60 Meter hoch haben die Steilsprünge zu sein, bis zu 1,80 Meter breit die Oxer. Den Rest bestimmt Parcourschef Rothenberger.

Längere Strecken, kurze Wendungen, mögliche Abkürzungen, knappe Distanzen zwischen den Sprüngen in einer Kombination, die das technische Können des Reiters fordern - das alles versucht der Deutsche aus dem nordrhein-westfälischen Bünde unterzubringen, wenn er neben dem Halleneingang an seinem Computer sitzt und, flankiert von seinen Assistenten, einen Sprung nach dem anderen auf einer karierten Fläche platziert.

Kontrolle als Kunst

"Professionell Parcours Design" heißt das Programm, ein Karo entspricht einem Quadratmeter. Es erinnert an ein Computerspiel. "Kontrolliertes Reiten ist wichtig", sagt Rothenberger, "das ist die Kunst." Die genaue Abfolge der Sprünge legt er meist am Vortag des Wettbewerbs fest.

Viel gilt es abzuwägen: Null-Fehler-Ritte müssen möglich sein. Deshalb richtet sich Rothenberger immer danach, welche Reiter am Start sind - und welche Pferde sie dabei haben. Sind es die Spitzenpferde oder der Nachwuchs? "Bei zweiter Besetzung mache ich den Parcours nicht ganz so anspruchsvoll." Und beim Fest der Pferde sei das Teilnehmerfeld traditionell unterschiedlich. "Es sind auch Österreicher dabei, für die es das größte Turnier des Jahres ist."

Beim Grand Prix starten freilich die Top-Reiter. Vorjahressieger Beat Mändli aus der Schweiz ist dabei, ebenso der französische Europameister Kevin Staut und die Österreicher Hugo Simon und Thomas Frühmann, die seit Menschengedenken zur Weltspitze zählen. Simon reitet um seinen fünften, Frühmann um seinen vierten GP-Sieg in Wien.

30 Jahre Erfahrung

Rothenberger kennt sie alle. Seit 30 Jahren baut er Parcours, war bei Europa-, bei Weltmeisterschaften, Olympischen Spielen. Es gibt allerhand Geschichten, die erzählt werden, wenn die Reiter vor dem Bewerb die Strecke abschreiten und der Parcourschef noch einmal die Sprünge kontrolliert. In Sydney zum Beispiel wurde jede Stange mit Klebeband befestigt, weil so ein starker Wind wehte. Es geht um Wassergräben ("Der war hart!") und Sprungplätze ("Das war der beschissenste Boden, den ich je erlebt habe.").

Zwischendurch greift Rothenberger prüfend auf die Stangen ("Die dürfen nicht klemmen."), misst noch einmal die Höhen, lässt Blumen anders platzieren. Den Weg des Siegers hat er dabei immer vor Augen: "Wer gewinnen will, muss eigentlich hier durch", sagt er dann und zeigt auf eine Lücke zwischen zwei Sprüngen, den kürzesten Weg. (Julia Raabe, DER STANDARD Printausgabe 16.11.2009)