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Gilad Erdan, Umweltminister

Foto: Reuters/Magen

"Die Palästinenser werden keine einseitigen Schritte setzen", beschwichtigte ein bisschen spitzfindig Saeb Erekat, denn schließlich würden sie ja die Zustimmung der USA, Russlands, der EU und vieler anderer Staaten suchen. Aber die neue Idee, die der palästinensische Chefunterhändler lancierte, läuft natürlich darauf hinaus, die Israelis zu umgehen. "Wir sollten uns an den UN-Sicherheitsrat wenden, damit der den palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 anerkennt, mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt", sagte Erekat.

Der Vorschlag gilt als weiterer palästinensischer Warnruf angesichts der schwindenden Hoffnung, dass US-Präsident Barack Obama die Parteien an den Verhandlungstisch bekommt.

Israels Premier Benjamin Netanjahu warnte die Palästinenser seinerseits prompt vor einem Ausstieg aus den Dialogbemühungen. "Es gibt keine Alternative zu Verhandlungen", sagte Netanjahu, "jede einseitige Maßnahme wird bloß die Abkommen auflösen, die es zwischen uns gibt, und kann einseitige Schritte von der Seite Israels nach sich ziehen."

Minister Gilad Erdan von Netanjahus Likud-Partei wurde im israelischen Radio bei der Frage nach möglichen Konter-Maßnahmen konkreter. Israel könnte laut Erdan etwa an einen Stopp der Geldüberweisungen, die Überprüfung von Wirtschaftsabkommen und die Rücknahme von Verkehrserleichterungen denken, und "wenn die Palästinenser so einseitig Position beziehen, dann muss Israel auch die Annexion eines Teils der Siedlungen im Westjordanland erwägen".

Die Palästinenser führen demgegenüber ins Treffen, dass Israel die Einseitigkeit ja selbst "erfunden" habe. Israel hat 2005 den Gazastreifen geräumt, ohne zuvor eine Vereinbarung mit der palästinensischen Führung zu schließen. Wenig später hat dann die islamistische Hamas die Macht im Gazastreifen an sich gerissen. Von der Hamas kam nun verhaltener Applaus - zwar nicht für die Ausrufung eines Staates in engen Grenzen, aber für den Verzicht auf eine ausgehandelte Lösung. Die palästinensische Behörde sollte "nicht zu den Verhandlungen mit der Besatzung zurückkehren, denn das wäre ein nationales Verbrechen", sagte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri.

Erst kürzlich hatte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas versucht, auf andere Art den Ausstieg aus dem Friedensprozess anzudrohen. Abbas kündigte an, dass er bei den Wahlen im Jänner nicht mehr antreten wolle - mit der möglichen Folge, dass die USA und Israel keinen Verhandlungspartner mehr hätten und dass sogar die ganze palästinensische Autonomie zerbröckeln könnte. Inzwischen sind die Wahlen allerdings auf unbestimmte Zeit verschoben worden, und Abbas bleibt bis auf weiteres Präsident.

Erekat präzisierte, dass "nicht schon morgen" der Staat ausgerufen werden soll, man wolle sich bloß zunächst den theoretischen Segen des UN-Sicherheitsrats holen. Laut Gerüchten sollen die Palästinenser wegen eines möglichen Votums schon in Washington vorgefühlt haben. Die Israelis zählen aber, sollte es wirklich so weit kommen, auf ein US-Veto. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 17.11.2009)