Washington/Wien - Der Gleisarbeiter David Escher wunderte sich, als ihn sein Arbeitgeber, ein US-Eisenbahnbetreiber, zu einem Doktor zur Blutabnahme schickte. Denn eigentlich gab es bei seinem Nervenleiden in beiden Handgelenken keinen Bedarf für solch eine Blutuntersuchung. Erst später erfuhr er den Hintergrund: Es sollte ohne sein Wissen ein Gentest durchgeführt werden. Für die Firma hätte dieser gewinnbringend sein sollen. Denn hätte die Untersuchung eine Prädisposition für die Krankheit bei Escher gegeben, hätte man möglicherweise die Behandlungs- und Entschädigungskosten drücken können, so das Kalkül.

Escher war nicht der einzige Betroffene, an 36 Arbeiter zahlte das Unternehmen insgesamt umgerechnet 1,5 Millionen Euro Wiedergutmachung. Das war eine freiwillige Geste, denn im Jahr 2002, als sich der Fall abspielte, waren derartige Gentests in den Vereinigten Staaten nicht illegal. Erst ab dem kommenden Wochenende gelten strenge Bestimmungen, berichtet die New York Times.

"Genetic Information Nondiscrimination Act" lautet der vollständige Titel der Regelung, der nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Versicherungen betrifft. Künftig darf niemand wegen seiner Erbanlagen diskriminiert werden, andernfalls drohen hohe Strafen.

Ungesetzlich

Nicht nur die Forderung nach Gentests am Arbeitsplatz oder beim Versicherungsabschluss, etwa einer privaten oder beruflichen Krankenversicherung, wird damit ungesetzlich, auch die Frage nach Vorerkrankungen in der Familie ist verboten. Einzig Lebensversicherungen sind ausgenommen.

Grundsätzlich illegal wird das Sammeln gesundheitlicher Informationen durch den Arbeitgeber dadurch nicht. Liest der in einer Todesanzeige, dass die Mutter einer Angestellten an Brustkrebs erkrankt ist, darf er das in seinen internen Unterlagen aufzeichnen - er darf dieses Wissen nur nicht beruflich gegen sie verwenden.

In Österreich ist die Problematik seit vier Jahren im Gentechnikgesetz geregelt. Dort ist im Paragraf 67 festgeschrieben: "Arbeitgebern und Versicherern ... ist es verboten, Ergebnisse von genetischen Analysen von ihren Arbeitnehmern, Arbeitsuchenden oder Versicherungsnehmern oder Versicherungswerbern zu erheben, zu verlangen, anzunehmen oder sonst zu verwerten." Die Strafandrohung: bis zu 36.300 Euro.

Gegen das Sammeln von Krankendaten und Diagnosen durch den Arbeitgeber finden sich auch im Arbeits- und Datenschutzrecht Bestimmungen. (Michael Möseneder/DER STANDARD-Printausgabe, 17.11.2009)