Passivhäuser werden von ihren Bewohnern überaus gut angenommen, und die Wohnzufriedenheit steigt mit der Wohndauer sogar noch an.

Bild: Passivhaus-Anlage Roschegasse 20/Pantucekgasse 14 in Wien-Simmering

Foto: www.studiohuger.at

Für die höhere Luftqualität in Passivhäusern ist ein zusätzlicher Stromverbrauch für die Komfortlüftung nötig. Dennoch liegt der Gesamtenergieverbrauch eines Passivhauses in jedem Fall deutlich unter dem eines Niedrigenergiehauses, ergab die Studie im Auftrag der Wiener Wohnbauforschung.

Bild: Passivhaus-Wohnanlage Dreherstraße 66, Wien-Simmering

Foto: www.studiohuger.at
Grafik: Stadt Wien

Wie zufrieden sind die Bewohner einer Passivhaus-Wohnanlage, und wie sieht es mit der tatsächlichen Energieeinsparung im Vergleich zu konventionellen Wohnhausanlagen aus? Auf diese Fragen hat die Wiener Wohnbauforschung Antworten gesucht und drei Experten mit einer Studie beauftragt.

Vergleich mit Niedrigenergiehäusern

Roman Smutny und Martin Treberspurg vom Department für Bautechnik und Naturgefahren der Wiener Boku sowie Alexander Keul vom Fachbereich Psychologie der Uni Salzburg analysierten sechs Wiener Wohnhausanlagen in Passivhausstandard, die seit rund zwei Jahren bewohnt sind: Drei in Floridsdorf (Mühlweg, Bauplatz C, sowie Kammelweg, Bauplätze B und E), zwei in Simmering (Dreherstraße 66 und Roschégasse/Pantucekgasse) und eines in Penzing (Utendorfgasse).

Wohnzufriedenheit und reale Energieperformance dieser Gebäude wurden in der Folge mit ausgewählten Wohnhausanlagen verglichen, die in derselben Bauperiode im Niedrigenergiehausstandard errichtet wurden. Das Energiemonitoring umfasste insgesamt 1.367 Wohnungen, wobei 492 Wohnungen in Passivhausstandard ausgeführt wurden und die Ergebnisse der Messungen der AEE INTEC (Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie - Institut für Nachhaltige Technologien) berücksichtigt wurden. Die sozialwissenschaftliche Analyse umfasste insgesamt 581 Wohnungen, wovon 425 Wohnungen den Passivhausstandard erreichen.

Hohe Wohnzufriedenheit

Fazit der Analyse: Passivhäuser werden von ihren Bewohnern überaus gut angenommen, und die Wohnzufriedenheit steigt mit der Wohndauer sogar noch an. Fünf Passivhausanlagen erzielten bessere Werte bei der Wohnzufriedenheit ihrer Bewohner als die Niedrigenergiehäuser, eines lag auf demselben Niveau.

Konkret stieg etwa in der Utendorfgasse in Wien-Penzing der Anteil hoher Sympathie für die Wohnform von 2007 auf 2008 von 84 auf 94 Prozent an. Besonders hohe Wohnzufriedenheit (Mittelwerte von 1,2) äußerten auch die Bewohner am Mühlweg (Floridsdorf), in der Utendorfgasse (Penzing) und der Roschégasse (Simmering). Alter und Geschlecht der Bewohner spielten bei der Bewertung keine Rolle.

Kommunikation wichtig

Die Einstellphase von Lüftung und Heizung direkt nach dem Einzug erwies sich als sensibles Thema. Hier sei bestmögliche Kommunikation zwischen Haustechnik und -verwaltung und den Mieterinnen und Mietern gefragt, um Unzufriedenheit zu vermeiden, heißt es.

"Für die Bewohnerinnen und Bewohner, die zumeist aus ihrer alten Wohnung das Fensterlüften gewöhnt sind, bedeutet es sicherlich eine große Umstellung, in einer Passivhauswohnung im Regelfall die Fenster geschlossen zu halten und dennoch mit Frischluft versorgt zu sein. Deswegen ist es enorm wichtig, den neuen Mieterinnen und Mietern zu kommunizieren, wie das Lüftungs- und Heizungssystem in einem Passivhaus funktioniert, um so zusätzlichen Heizenergieverbrauch durch Fensterlüften - gerade in der kalten Jahreszeit - zu vermeiden", so Wohnbaustadtrat Ludwig.

230 Euro pro Jahr weniger an Heizkosten

Bei der Analyse der Energieperformance zeigte sich, dass Passivhaus-Wohnhausanlagen für die Raumheizung insgesamt etwa 17 kWh/m² pro Bruttogrundfläche und damit um rund 30 kWh/m² oder etwa zwei Drittel weniger als vergleichbare Wohngebäude im geförderten Wohnbau (Niedriegenergiehausstandard) derselben Errichtungsperiode verbrauchen. Dies bedeute eine durchschnittliche jährliche Einsparung von etwa 2,5 MWh Energie, rund 230 Euro an Kosten (Kostenbasis Sept. 2009) und 520 kg CO2-Äquivalente pro Haushalt.

Wichtig sei aber, dass nicht nur die Heizkosten, sondern die Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes betrachtet wird. Und hier habe sich gezeigt, dass trotz des Energiebedarfs für die Belüftung von Passivhäusern der Gesamtenergieverbrauch eines Niedrigenergiehauses in jedem Fall über dem eines Passivhauses liegt. Für die zukünftige Entwicklung neuer Wohngebiete müsse eine umfassende Betrachtung der Gesamtenergiebilanz von Gebäuden zur Anwendung kommen. Aufbauend auf dem Passivhausstandard müsse zusätzlich die Effizienz der Heiz- und Lüftungsanlage sowie der Einsatz erneuerbarer Energieformen berücksichtigt werden.

Baukosten gleichen sich an

Die Baukosten bei einer Passivhaus-Wohnanlage sind verglichen mit einem Niedrigenergiehaus höher, gleichen sich aber zunehmend an. Wichtigster Faktor bei beiden Energieklassen ist die Kompaktheit des Baukörpers, also das Verhältnis von Außenflächen zu Nutzfläche ("Hüllflächenfaktor"). Ab einem Hüllflächenfaktor von 0,45 haben Niedrigenergie- und Passivhaus annähernd die gleichen Baukosten, errechneten die Studienautoren.

Mittelfristig sei im Übrigen nicht mit einer Verbilligung der Baukosten beim Passivhaus zu rechnen, da bei den wesentlichen Komponenten, den Lüftungsgeräten und den Fenstern, keine Preisrückgänge zu erwarten seien. Einsparungspotenzial sei aber bei den Wartungskosten gegeben.

19 Passivhaus-Projekte in Bau oder Planung

19 Projekte in Passivhaustechnologie mit über 2000 Wohneinheiten befinden sich in Wien derzeit in Bau oder Planung, die Stadt fördert die Errichtung mit 100 Millionen Euro (bei Gesamtbaukosten von 290 Mio. Euro). Die Bundeshauptstadt weist bereits jetzt mit 1067 fertig gestellten Wohneinheiten im Passivhausstandard weltweit die höchste Dichte an mehrgeschossigen Passivhaus-Bauten auf. (red, derStandard.at, 17.11.2009)