Der Jahrestag des Beginns der Samtenen Revolution in der damaligen Tschechoslowakei am 17. November 1989, die zum Sturz des KP-Regimes führte, ist in Tschechien seit Jahren Anlass für politische Auseinandersetzungen. Im Kern geht es um die Deutungshoheit, vor allem was die Rolle der Bürgerrechtsbewegung angeht. Dabei verlaufen die Hauptfronten zwischen den wichtigsten Politikern der Nach-Wende-Zeit, Václav Havel und Václav Klaus.

Ersterer war vor 1989 bekanntester Kritiker des kommunistischen Regimes und ist bis heute ein Symbol der Demokratiebewegung. Auch als Präsident Tschechiens versuchte Havel die Themen Demokratie und Menschenrechte hochzuhalten. Sein Nachfolger im Präsidentenamt, Václav Klaus, hat mit seinen Regierungen in den 1990er-Jahren maßgeblich zur Einführung der Marktwirtschaft beigetragen. Als politischer Pragmatiker bezeichnete er jedoch den Idealismus der Havel-Leute oft als "naiv" .

"Frustration, schlechte Laune"

Auch zum 20. Jahrestag der Samtrevolution gibt es zwischen den beiden nur wenige Berührungspunkte. Klaus nahm zwar am Wochenende an einem von Havel organisierten Gedenkkonzert teil und würdigte dabei die seinerzeitige Rolle Havels. Später meinte er jedoch, bei der Veranstaltung, an der unter anderen die Sängerin Joan Baez teilnahm, habe nicht Freude über das Ende des Kommunismus, sondern Frustration und schlechte Laune dominiert.

Bei einer Gedenkveranstaltung mit Jus-Studenten in der Prager Karlsuniversität erklärte Klaus am Montag, dass er nicht an eine Rückkehr des Nationalsozialismus und des traditionellen Kommunismus mit seinen Parolen und Phrasen glaube. Die Welt werde jedoch heute von anderen "Ismen" gefährdet, wie dem "Environmentalismus" oder den Ideologen einer globalen Klimaerwärmung. Zum Tauziehen um seine Unterschrift unter den EU-Reformvertrag von Lissabon sagte Klaus, er habe zwischenzeitlich an Rücktritt gedacht. (Robert Schuster aus Prag/DER STANDARD, Printausgabe, 18.11.2009)