Rheuma mündet häufig in Gelenkzerstörung und funktioneller Behinderung

Foto: Standard/Matthias Cremer

Wien - Rheumatoide Arthritis gilt neben der Gicht und dem Morbus Bechterew als die häufigste entzündliche Erkrankung des rheumatischen Formenkreises. Rund 62.500 Österreicher sind derzeit allein von rheumatoider Arthritis betroffen und die Tendenz ist steigend. Die Auswirkungen der Krankheit sind für den Patienten enorm, denn die Gelenkszerstörung beeinflusst das ganze Leben, sei es im privaten oder beruflichen Bereich. Der Erste Österreichische Patientenbericht rheumatoide Arthritis, eine Umfrage unter 685 Patienten mit Gelenksrheuma, spiegelt erstmals die aktuelle Situation sowie die Bedürfnisse und Wünsche von diesen Rheumapatienten wieder. Demnach geht es rund einem Viertel der Befragten derzeit eher schlecht mit ihrer Erkrankung. Die Ursachen dafür sind vielfältig. 

Nicht heil- aber behandelbar

Rheumatoide Arthritis ist nach wie vor nicht heilbar, durch adäquate medikamentöse Therapien bestehen jedoch sehr gute Behandlungsmöglichkeiten. Die Ergebnisse des Österreichischen Patientenberichts zeigen jedoch, dass die Zeitspanne vom ersten Symptom bis zum Beginn der Behandlung noch viel zu lange ist: Rund 16,4 Monate vergehen vom ersten Symptom bis zur Diagnose. Bis der Patient tatsächlich behandelt wird, vergeht nochmals ein knappes halbes Jahr.
Grund dafür ist laut dem Bericht unter anderem auch die Versorgungsstruktur in Österreich. "Wir müssen uns eine deutliche Beschleunigung der Diagnosefindung, sowie eine intensive Ausbildung der Ärzte im niedergelassenen Bereich und einen niederschwelligen Zugang zu Rheumatologen zum Ziel setzen, um eine optimale Patientenversorgung im ganzen Land zu erreichen", so Günther Wawrosky von der Österreichischen Ärztekammer. 

Verkürzte Lebenserwartung

Laut Patientenbericht wird auch der Tatsache zu wenig Beachtung geschenkt, dass Patienten mit rheumatoider Arthritis eine verkürzte Lebenserwartung von durchschnittlich fünf bis acht Jahren aufweisen. Zu den häufigsten Todesursachen zählen Herz-Kreislauferkrankungen, die durch eine hohe rheumatische Entzündungsaktivität bedingt sind. 

Österreich ist mit Rheumatologen unterversorgt 

Rund 51 Prozent der Befragten gaben an, Ihre Diagnose in einer Spezialambulanz beziehungsweise im Rahmen eines stationären Aufenthalts erhalten zu haben, 36 Prozent erhielten ihre Diagnose bei einem niedergelassenen Facharzt. Die stationäre Versorgung von Rheumapatienten ist in Österreich relativ gut abgedeckt.
Im ambulanten Bereich bestehen jedoch aufgrund der geringen Anzahl an Ambulanzen große Versorgungsdefizite. So gibt es in Österreich 27 internistische Krankenhausambulanzen (in öffentlichen Krankenanstalten mit rheumatologischer Expertise), wobei zehn davon in Wien sind. Im niedergelassenen Bereich existieren 77 Internisten mit rheumatologischer Expertise, wobei nur zwölf von ihnen einen Kassenvertrag haben. In der Steiermark, in Tirol und Vorarlberg existieren keine entsprechenden Ärzte mit Kassenvertrag. 

Umso verständlicher und auch wünschenswert ist daher auch das Anliegen von 70 Prozent der Patienten, einen Facharzt für Rheumatologie oder eine Rheumaambulanz in der Nähe zu haben. Dieses Anliegen ist jedoch nur durch eine flächendeckende Versorgung zu erreichen, die wir von der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie dringend fordern", so Burkhard Leeb, Vorstand der 1. und 2. medizinischen Abteilung Landesklinikum Weinviertel Stockerau, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation. 

Frühpensionierung oft als Folge der Erkrankung 

Rheumatoide Arthritis mündet häufig in Gelenkzerstörung und funktioneller Behinderung. Die Folge daraus ist eine Beeinträchtigung der Lebensqualität und somit oft auch eine damit verbundene Einschränkung der Erwerbstätigkeit, zumal die Krankheit am häufigsten zwischen dem 35. und 50. Lebensjahr auftritt. Dies bestätigt auch der Patientenbericht, denn 57 der Befragten sind noch keine 60 Jahre alt. Weiters zeigt der Patientenbericht, dass 24 Prozent der Befragten krankheitsbedingt in Frühpension sind. Im Vergleich dazu sind etwa nur acht Prozent der Asthmapatienten aufgrund ihrer Erkrankung frühpensioniert. 

Rund 14 Prozent der befragten Betroffenen geben an, durch ihre Erkrankung ihren Arbeitsplatz verloren zu haben. "Wie der Patientenbericht zeigt, führt die rheumatoide Arthritis unweigerlich in eine verminderte Erwerbstätigkeit. Dies ist umso gravierender als viele Rheumapatienten trotz ihrer Beschwerden weiter im Berufsleben stehen wollen. Um die gleichen Arbeitsleistungen wie ihre gesunden Kollegen erbringen zu können, können sie durch verschiedene Rehabilitationsmaßnahmen unterstützt werden. Es kommt zu weniger Arbeitsausfällen, wenn die Arbeitsbedingungen an die Bedürfnisse von Patienten mit rheumatoider Arthritis angepasst werden", so Walter Pöltner, Sektionschef, Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.

Aufmerksamkeit wird eher tödlichen Krankheiten zuteil

"Meiner Meinung nach wird die Krankheit auch noch immer verharmlost, dazu kommt, dass Rheuma keine "ansehnliche Krankheit" ist. Deformierungen an Händen und Gelenken werden oft nicht als Krankheit erkannt. In der Bevölkerung herrscht auch die Meinung vor, dass man an Rheuma nicht sterben kann. Das ist auch richtig, denn die Menschen sterben nicht an der Krankheit selbst, sondern an deren Folgen, am häufigsten aber an Herz-Kreislauferkrankungen, die durch eine hohe rheumatische Entzündungsaktivität bedingt sind", so Daniela Loisl, Betroffene und Präsidentin der Rheumaliga. (red)