Brüssel - Nur wenige Stunden vor dem entscheidenden Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs, auf dem die Top-Personalia EU-Ratspräsident und "EU-Außenminister" endlich beschlossen werden sollen, kommen am Donnerstagnachmittag die sozialdemokratischen Vertreter zu letzten Besprechungen in Brüssel zusammen. Wie es  aus SPE-Kreisen hieß, sei das Treffen gegen 15.30 Uhr bei der österreichischen EU-Vertretung in Brüssel angesetzt, "Gastgeber" ist Bundeskanzler Werner Faymann, der für die europäischen Sozialdemokraten (SPE) in dieser Frage koordiniert.

Erwartet werden auch der britische Premier Gordon Brown, der spanische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero, der portugiesische Ministerpräsident José Socrates, der griechische Premier George Papandreou, der ungarische Ministerpräsident Gordon Bajnai und der slowenische Regierungschef Borut Pahor. Mit dabei sind dem Vernehmen auch der SPE-Vorsitzende Poul Nyrup Rasmussen und der Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Martin Schulz.

Bildt fürchtet Minimallösung

Der schwedische Außenminister Carld Bildt fürchtet nach eigenen Angaben, dass sich die EU-Staats- und Regierungschefs nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen. "In meinem Kreis der Außenminister gibt es zweifelsohne die Besorgnis, dass ein Teil der Regierungschefs eine Minimallösung anstrebt in der Frage des Präsidenten des Europäischen Rates, was unsere Möglichkeiten einschränken würde, eine klare Stimme in der Welt zu haben", schrieb Bildt am Donnerstag auf seinem Blog. "Dies wäre - aus unserer Sicht - eine historisch verpasste Chance."

Seit wenigen Tagen gilt der belgische Ministerpräsident Herman van Rompuy als Favorit für den Ratspräsidenten, allerdings trat Brown bis zuletzt für seinen Amtsvorgänger Tony Blair ein. Als weitere Kandidaten für das Amt sind der niederländische Regierungschef Jan Peter Balkenende, Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, die lettische Ex-Präsidentin Vaira Vike-Freiberga, der estnische Präsident Toomas Hendrik Ilves und Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (V) im Gespräch.

Sarkozy will Moratinos

Doch es bleibt alles weiter offen. Laut spanischen Medienberichten spricht sich Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy für den spanischen Außenminister Miguel Angel Moratinos (PSOE) aus. Spaniens sozialistischer Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero möchte Moratinos aber lieber in seiner Regierung behalten. Außerdem würde eine eventuelle Vergabe des Postens an Moratinos bedeuten, dass Zapateros Parteikollege Joaquín Almunia das Amt des EU-Währungskommissars verlieren könnte. Darauf scheint Madrid aber nicht verzichten zu wollen. Zapatero wäre es lieber, Javier Solana, ebenfalls ein spanischer Sozialist, würde weiterhin im Amt des "Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik" bleiben, berichten spanische Medien am Donnerstag.

Doch auch die Gender-Politik ist weiter ein vieldiskutiertes Thema in Brüssel: Die EU-Kommission ist bisher "nicht zufrieden mit der Anzahl weiblicher Kandidaten", die bisher nominiert wurden. Der Sprecher der Behörde, Amadeu Altafaj Tardio, erklärte, Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso habe keine Mindestzahl an Frauen festgelegt. Barroso habe nur immer wieder gesagt, so viele Frauen wie möglich in der neuen Kommission haben zu wollen. Aus diesem Grund habe er auch vor einem Monat an die Staats- und Regierungschefs geschrieben, Frauen zu entsenden. Es sollte eine bessere Ausgewogenheit der Geschlechter geben.

Nur fünf Frauen nominiert

In der scheidenden EU-Kommission sind acht von 27 Vertretern Frauen. Bisher wurden für die neue Kommission lediglich fünf Frauen nominiert, allerdings sind noch mindestens sechs Staaten ausständig.

Beginnen wird der EU-Personalia-Gipfel am Donnerstagabend um 18.00 Uhr. Davor sind um 17.00 Uhr Pressestatements vom derzeitigen EU-Vorsitzenden Fredrik Reinfeldt sowie von Bundeskanzler Faymann geplant, um 17.30 Uhr werden Frankreichs Nicolas Sarkozy und Deutschlands Angela Merkel zu den Medien sprechen. Die weitere Tagesordnung wird keinem Zeitplan mehr folgen, es soll solange diskutiert werden, bis es zu Ergebnissen kommt. (APA)