Die Zustimmung der Österreicher zur EU-Mitgliedschaft ihres Landes ist mit 66 Prozent derzeit so hoch wie nie seit der Volksabstimmung über den Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 1994. Das geht aus der neuesten Umfrage von Fessel-GfK hervor. Im EU-Referendum hatten 66,58 Prozent für den Beitritt votiert. In Umfragen wurde dieser Wert vorher und nachher nie erreicht.

Selbst erfahrene Meinungsforscher sind vom jüngsten Ergebnis überrascht. Peter Ulram (Fessel-GfK) spricht von einem "Allzeithoch" . Nur 32 Prozent der 1000 Befragten schätzten die Entscheidung Österreichs, der EU beizutreten, als falsch ein, zwei Prozent gaben keine Meinung dazu ab.

Nach der Anti-EU-Kampagne der Kronen Zeitung und dem "Offenen EU-Brief" der SPÖ-Spitzenpolitiker Alfred Gusenbauer und Werner Faymann war die Zustimmung zur EU Ende 2007 von zuvor 61 Prozent auf 54 Prozent abgesackt. Einen Aufwärtstrend verzeichnete Fessel-Gfk erst wieder seit knapp einem Jahr, als die Tragweite der globalen Wirtschaftskrise immer deutlicher wurde.

"Seit November 2008 verzeichneten wir eine deutliche Zunahme der positiven Einstellung zur EU-Mitgliedschaft", so Ulram. "Und seit vergangenem Mai ist der Trend ganz eindeutig, als sich schon 61 Prozent für und nur 36 Prozent gegen die Angehörigkeit unseres Landes zur Union aussprachen."

Die Frage "War der Beitritt Österreichs zur EU richtig oder falsch?" stellt Fessel-GfK mehrmals jährlich seit 1995. "Noch nie hatten wir eine so eindeutige Zustimmung", kommentierte Ulram die aktuellen Zahlen.

Als Gründe führt der Politik-Forscher und Demoskop drei große Faktorengruppen an:

"Der wichtigste Grund liegt eindeutig in der Wirtschaftskrise. Die Österreicher haben erkannt, dass die EU eine ,Schutzgemeinschaft‘ für kleine Staaten darstellt" , analysiert Ulram. Zwar gebe es nach wie vor in Einzelfällen starke EU-Skepsis, doch "prinzipiell ist das frühere Meinungsbild der ,splendid Isolation‘ überholt. Die Österreicher lieben die EU vielleicht nicht mehrheitlich, aber sie haben sie als sehr zweckmäßig erkannt."

Eine zweite Erklärung liegt für Ulram darin begründet, dass "lauwarme Positionen" nicht zielführend sind. "Deutliche Anti-EU-Stimmung verbreiten nur noch ganz bestimmte Gruppen und Medien, sie sind damit in einem recht beschränkten Umfang auch erfolgreich. Nach anfänglichen Schwankungen hat auf der anderen Seite die ÖVP eine ganz eindeutig positive EU-Linie eingenommen, die sich nun sehr bezahlt macht."

Die SPÖ verhalte sich hingegen sehr ruhig. "Bundeskanzler Werner Faymann ist EU-politisch kaum noch in Erscheinung getreten. Die EU-freundlicheren SPÖ-Wähler bewegen sich daher wieder stärker in ihre ursprüngliche Richtung."

Zum dritten meint Ulram einen Erfolg der Politik des von Michael Spindelegger (VP) geleiteten Außenministeriums zu erkennen. Es habe sich gezeigt, dass "kleinräumige Informationskampagnen zu bestimmten konkreten Themen Wirkung haben. Man kann sagen, dass sich nur eine sehr prononcierte Politik bezahlt macht." Das habe man zuletzt im Sommer bei der EU-Wahl beobachten können.

Ebenfalls positive Tendenz zeigen die Antworten auf die Frage nach der Zufriedenheit der Österreicher mit der Politik der EU und deren Funktionalität: Während 2007 42 Prozent zufrieden und 58 Prozent unzufrieden mit der Union waren, äußern sich jetzt - sehr ausgewogen - 49 Prozent zufrieden und 48 Prozent unzufrieden. (APA, red/DER STANDARD, Printausgabe, 20.11.2009)