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In der Hauptstadt Manila  fand eine Demonstration gegen Gewalt statt

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Polizisten untersuchen einen Schauplatz des Massakers auf Mindanao. Ein Politiker-Konvoi wurde von einem Rivalen überfallen.

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Der Vorfall ereignete sich auf der Insel Mindanao.

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Präsidentin Arroyo verhängte den Ausnahmezustand über Teile der Insel.

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Manila/Wien - 46 Tote hat die philippinische Polizei am Dienstag bis Sonnenuntergang in Maguindanao, einer Provinz der überwiegend muslimischen Insel Mindanao im Süden des Archipels, geborgen. Die Leichen waren am Rand eines Dorfs in einen Graben geworfen worden. Inzwischen wurden elf weitere Tote gefunden, die Zahl der Opfer stieg somit auf 57. Unter den Toten sind wahrscheinlich auch 22 Journalisten, die weibliche Angehörige eines einflussreichen Clans zu einem Wahlbüro begleitet hatten. Die Frauen wollten die Kandidatur eines Familienangehörigen für das Amt des Provinzgouverneurs anmelden. Auf dem Weg dorthin wurden sie von bewaffneten Männern gestoppt und mit Schüssen sowie Machetenhieben getötet.

Am Vortag hatte die Polizei die ersten Toten entdeckt: Sie waren aus Geländewagen und Kleinbussen herausgezogen, gefesselt und erschossen worden. Einige wurden von ihren Entführern enthauptet, berichteten philippinische Medien.

Der Konvoi war auf dem Weg in die Provinzhauptstadt Shariff Aguak. Ein Provinzpolitiker, Ismail Mangudadatu, wollte dort seine Kandidatur für die Gouverneurswahlen einreichen, die nächstes Jahr im Mai zusammen mit den Präsidentschaftswahlen stattfinden. Mangudadatu sandte seine Frau und Schwestern, Anwälte und andere Gefolgsleute, zumeist Frauen, an seiner statt los. Die Miliz des anderen großen Familienclans in diesem Teil der Insel würde es nicht wagen, die Frauen anzugreifen, dachte er. Ein Dutzend Journalisten begleitete zudem den Konvoi. Doch vielleicht nur vier Menschen überlebten den Überfall einer Hundertschaft bewaffneter Männer am Montag. Das Massaker in Maguindanao gilt als der seit Jahren schlimmste Gewaltakt in Wahlzeiten auf den Philippinen.

Staatspräsidentin Gloria Arroyo, deren Amtszeit nächstes Jahr endet, verhängte am Dienstag den Ausnahmezustand über Maguindanao und zwei Nachbarprovinzen. Ein Übergreifen der politischen Gewalt soll damit verhindert werden. Polizei und Armee errichteten Straßensperren und haben weite Befugnisse für Hausdurchsuchungen. Die völlige Entwaffnung der Bevölkerung sei nun die einzige Lösung, sagte ein Präsidentensprecher. Doch Mindanao ist der große Brennpunkt eines religiös-ethnischen Konflikts auf den Philippinen. Seit Jahrzehnten kämpfen die muslimischen Moro gegen die Zentralregierung in Manila, so wie sie in der Vergangenheit schon gegen spanische und US-amerikanische Kolonisatoren und die japanische Besatzung revoltierten. Ein Friedensabkommen mit den Separatisten brach im August 2008 zusammen, seit Juli dieses Jahres hält ein Waffenstillstand. Weil eine Extremistengruppe auf der Insel, die Abu Sayyaf, Verbindungen zu Al-Kaida hat, sind seit Jahren auch 600 US-Soldaten auf Mindanao stationiert und bilden die Armee für Spezialeinsätze aus.

Das Massaker in Maguindanao wird rechtliche wie politische Folgen haben: Gouverneur der Provinz und mutmaßlicher Anstifter des Überfalls ist Andal Ampatuan, Patriarch des Familienclans, Gegner der Moro-Separatisten und Arroyos Unterstützer auf Mindanao. Sein Sohn Zaldy wurde 2005 zum Gouverneur der Autonomen muslimischen Region Mindanao gewählt, sein anderer Sohn Andal junior ist Bürgermeister - er sei der Anführer des Überfalls gewesen, sagen die Überlebenden. (mab/red/DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2009)