Discobus im Burgenland: Eine Fahrt kostet 2,50 Euro. Neben den Fahrgästen zahlen auch die Gemeinden und neuerdings der Bund. Die Lokale beteiligen sich kaum an den Kosten.

Foto: discobus.at

Ihre Haltestellen heißen "Schlosscafe", "Disco Martinskeller" oder "Gasthof Wurzer". Dort sammeln sie auch um drei Uhr früh noch Nachtschwärmer ein, die dann meist schon etwas müde sind vom Tanzen und Trinken: die so genannten "Discobusse", die bereits in vielen Gegenden Österreichs Jugendliche sicher durch die Wochenenden chauffieren.

"Unsere Erfahrungen sind gut, die Jugendlichen nehmen das Angebot gut an", erzählt der Bürgermeister der niederösterreichischen Braustadt Wieselburg, Günter Leichtfried. Er ist SPÖ-Landtagsabgeordneter und fungiert im Regionalverband Mostviertel als Obmann der Kleinregion "InRegion", die Träger des Discobus-Netzes ist.

Dritte Route

1998 hat man mit fünf Gemeinden begonnen, eine sechste kam kurz danach hinzu. Anfangs gab es zwei Routen, die zwischen 21 Uhr abends und vier Uhr früh gefahren wurden. "Mittlerweile sind zehn Gemeinden dabei", sagt Leichtfried. Seit wenigen Wochen wird eine dritte Route gefahren, über die Donau ins südliche Waldviertel. Rund 30 Haltestellen sind nun in den Fahrplänen enthalten. Eine Fahrt kostet drei Euro.

Dass die Discobusse, die von verschiedenen Busunternehmen in den Mitgliedsgemeinden betrieben werden, nicht immer gleich gut ausgelastet sind, hat man akzeptiert: "Wir beobachten bei der Auslastung 'wellenartige' Bewegungen, im Sommer läuft es wesentlich schlechter als im Winter", so Leichtfried. Im Sommer gebe es eben mehr Angebot vor Ort, etwa in Form von Zeltfesten - der Discobus (gefahren wird mit kleineren 11- oder 15-Sitzern) ist dann nicht so gefragt.

Anfangs zahlten die Wirte mit

Finanziert wird das Projekt zum größten Teil direkt von den Gemeinden. Es habe zwar anfangs auch Bemühungen gegeben, die Gastronomie - die von dem Angebot letztlich profitiert - finanziell zu beteiligen, diese seien aber rasch gescheitert. "Ein einziges Mal zahlten zu Beginn die Lokale mit, das fand aber keine Fortsetzung."

Der Betrieb des Discobusses kostet jährlich rund 85.000 Euro, 20.000 schießt das Land NÖ - zunächst für drei Jahre - zu, der Rest wird per Aufteilungsschlüssel auf die Gemeinden verteilt. Auf die Stadtgemeinde Wieselburg entfallen 17.000 Euro.

"Probeführerschein ausweiten"

Martin Blum, Experte beim Verkehrsclub Österreich (VCÖ), hält die Discobusse für ein wichtiges Angebot, da es gerade am Land meist keine andere Alternative zum Auto gäbe. "Wichtig ist aber auch, dass man nicht nur das Angebot schafft, sondern auch auf Überwachung setzt: Intensivere Kontrollen und höhere Strafen wären notwendig", fordert Blum.

In einem ersten Schritt sollte der Probeführerschein ausgeweitet werden, sagt Blum. Derzeit ist jeder neu ausgestellte Führerschein für die Dauer von zwei Jahren ein Probeführerschein, es gelten in diesem Zeitraum strengere Regeln wie beispielsweise eine Alkoholgrenze von 0,1 Promille, anstatt der sonst üblichen 0,5. Der VCÖ-Experte wünscht sich, dass der Probeführerschein auf sechs Jahre - im Normalfall also bis zum Alter von 24 Jahren - ausgeweitet wird.

Ob es dort, wo es schon länger den Discobus gibt, zu signifikanten Rückgängen von Unfällen gekommen ist, lässt sich übrigens nicht sagen - weder beim VCÖ, noch beim Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) sind Studien dazu bekannt. Klar ist aber: Jeder Fahrgast, der das Angebot nützt und nicht betrunken ins Auto steigt, ist ein Erfolg.

Unfallserie als Auslöser

Mehrere schwere Unfälle im burgenländischen Seewinkel waren der Auslöser für die heute bundesweit größte Discobus-Initiative: Mitte der 1990er-Jahre startete der heutige Landeshauptmann und damalige Bürgermeister von Frauenkirchen, Hans Niessl, das erste Projekt. 2004 wurde mit der Gründung des "Vereins Discobus" eine breite, in den Gemeinden verankerte organisatorische Basis geschaffen. 130 burgenländische Gemeinden sind heute Vereinsmitglieder, eine Million Jugendliche wurden in den vergangenen 15 Jahren in die Disco und wieder sicher nach Hause gebracht.

Vereinsobmann Christian Illedits - er ist im Brotberuf Klubobmann der burgenländischen Sozialdemokraten - nennt das Projekt die "größte Verkehrssicherheitsinitiative für junge Menschen österreichweit", und beruft sich dabei auf den VCÖ. Der Preis für eine Einzelfahrt beträgt seit sechs Jahren 2,50 Euro, gefahren wird auf 16 Linien.

Manche Wirte zahlen freiwillig mit

Bei der Finanzierung erhalten die Partnergemeinden seit kurzem finanzielle Unterstützung vom Bund in Form einer Nahverkehrsförderung nach dem Finanzausgleichsgesetz. Diese "nicht sehr offensiv kommunizierte" Förderung belief sich für das Jahr 2007 rückwirkend auf rund 244.000 Euro. "Damit waren 79,5 Prozent der Gemeindebeiträge refinanziert, die Gemeinden müssen also für nur noch rund 20 Prozent aufkommen", so Illedits. Fast alle Mitgliedsgemeinden haben dem Verein die Abwicklung übertragen, die Anträge für das Jahr 2008 laufen bereits, Illedits rechnet da allerdings mit etwas weniger Geld, da die Fördertöpfe ans Steueraufkommen gekoppelt sind.

Die Gemeindebeiträge beliefen sich letztlich auf 100 bis 400 Euro pro Monat, abhängig von der Einwohnerzahl. In den Kommunen wird der Aufwand für den Discobus meist als Wirtschaftsförderung betrachtet, wenngleich sich auch der eine oder andere Lokalbetreiber auf freiwilliger Basis an den Kosten beteiligt.

Nächster Halt Steiermark

53.400 Fahrgäste wurden im Burgenland im ersten Halbjahr 2009 gezählt, laufend gibt es Bemühungen, das Netz auszuweiten. Erst im vergangenen September wurde das Liniennetz um zwei Verbindungen im Südburgenland ausgebaut, dort hat der Verein deswegen auch sein Geschäftsmodell leicht abgeändert: Die regionalen Strukturen mit vielen abgelegenen Siedlungen machen in den südlichen Bezirken Oberwart und Güssing die Fahrplangestaltung etwas schwieriger, außerdem würden dort noch eher Vorbehalte betreffend der Sinnhaftigkeit der Investitionen bestehen. "Im Norden ist das keine Debatte mehr", so Illedits, aber im Südburgenland wird deshalb seit zwei Monaten auch die eine oder andere Gemeinde angefahren, die keine Discobus-Partnergemeinde ist - zu einem erhöhten Fahrpreis von fünf Euro. Und ebenfalls seit September halten die burgenländischen Discobusse nun auch schon in zwei steirischen Gemeinden, nämlich Pinggau und Hartberg.

Anders als im Mostviertel sind im Burgenland übrigens fast durchwegs große Überlandbusse mit Platz für 60 oder 80 Fahrgäste im Einsatz, Kooperationspartner sind die ÖBB Postbus GmbH und die Dr.-Richard-Gruppe. Kleinere Busse werden nur fallweise eingesetzt, wenn geringerer Bedarf absehbar ist. Ein schwaches Monat sei etwa der September, weiß man beim Verein Discobus bereits.

Dass auch ein günstiger Discobus offenbar kein "Selbstläufer" ist, hat man im Mostviertel auch gemerkt. In Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Wieselburg hat man heuer am Image des Discobusses gebastelt. Heraus kam ein neuer optischer Auftritt, neue Pläne - und ein neuer Name: "Disco.Buzz". (Martin Putschögl, derStandard.at, 23.11.2009)