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Zu den Symptomen von Lungenhochdruck zählen Müdigkeit, Atemlosigkeit und Schwindel. Patienten, die darunter leiden, sind in ihren Alltagsaktivitäten schwer eingeschränkt.

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Maleen vor zwei Jahren, mit ihrem "Überlebensrucksack"

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Das Bild der Patientenvereinigung zeigt ein Mädchen mit einem Rucksack auf dem Rücken. Drinnen sind keine Sportsachen sondern die Garantie zu Überleben: Medikamente, die permanent über einen Schlauch in den jungen Körper laufen. Maleen leidet unter Lungenhochdruck, einer Krankheit, die zu den so genannten 'orphan diseases' (Seltene Krankheiten, Anm.) gehört und jeden treffen kann. Das Innere des Gepäckstücks sorgt dafür, dass Menschen wie Maleen ein halbwegs normales Leben führen können.

Lungenhochdruck, auch Pulmunale Hypertension genannt, ist eine sehr schwere Erkrankung der Lunge. Die Prävalenz beträgt 15 bis 45 Patienten pro Million Einwohner. Erhält man die Diagnose, bekommt man gleich auch die Nachricht "unheilbar". In der Lunge verengen sich die Arterien, dadurch kommt es zu einem Druckanstieg, was die rechte Herzhälfte veranlasst gegen diesen Widerstand 'anzupumpen'. Dadurch vergrößert sich die rechte Herzhälfte bis zum Infarkt.

Schwer fassbare Symptome

Die Krankheit beginn unspezifisch: Leistungsknick, schwere Beine, belastungsbedingte Atemnot. "Vieldeutige Symptome, die nicht beweisend für die Erkrankung sind", sagt Irene Lang, Ärztin an der Abteilung für Innere Medizin am Wiener AKH. Die Beschwerden werden oft als Folge von Bewegungsmangel, Rauchen oder Übergewicht abgetan. Die ersten Anzeichen können viel und nichts bedeuten und genau das ist das Problem für die Diagnose. Laut Daten der Selbsthilfegruppen in Österreich gibt es rund 500 bis 1.000 Patienten im Land. "Die Dunkelziffer liegt aber bei plus 20 Prozent", vermutet Lang.

Oft dauert es zwei, drei Jahre bis die Krankheit erkannt wird. "Daher ist es wichtig bei Verdacht auf Lungenhochdruck in Spezialabteilungen zu überweisen", so Lang. "Über einen Herzultraschall wird der Blutdruck zwischen Herz und Lunge gemessen", erklärt die Medizinerin die Diagnosestellung. Die Untersuchung ist wichtig, denn bleibt die Krankheit unentdeckt, endet sie nach drei bis fünf Jahren tödlich. Wird die Diagnose gestellt, befinden sich 80 Prozent der Patienten schon im dritten Stadium laut Klassifizierung – die Krankheit ist dann schon weit fortgeschritten.

Vorbeugung unmöglich

Zur Risikogruppe gehören Menschen mit Herzfehler, Leberzirrhose, Sklerodermie (Bindegewebsverhärtung, Anm.), Menschen, denen die Milz entfernt wurde, HIV-Kranke und Menschen, in deren Familie die Krankheit bereits aufgetreten ist. Auch die Einnahme von Appetitzüglern kann Auslöser sein. Theoretisch kann aber jeder erkranken. Richtige Prävention gibt es nicht: "Weiß jemand, dass er zur Risikogruppe gehört, ist ein regelmäßiges Echoscreening (Herzultraschall, Anm.) ratsam", so Lang. Eine sichere Vorbeugung gegenüber der Erkankung gebe es aber noch nicht.

Therapie

In den vergangenen zehn Jahren hat sich in der Behandlung einiges getan. Früher mussten Ärzte auf Blutverdünner oder gar eine Lungentransplantation zurückgreifen. Ziel der derzeit verfügbaren Medikamente ist nicht Heilung sondern die Besserung der Lebensqualität und Überlebenszeit der Betroffenen. Die Therapie erfolgt beispielsweise mit permanenten subkutanen Infusionen, die ähnlich wie Insulinpumpen funktionieren – wie bei Maleen, die heuer 14 geworden ist und die Pumpe mittlerweile in einer Bauchtasche transportiert. Die Lebenserwartung kann durch diese Prostacyclintherapie um Jahrzehnte erhöht werden, die Behandlung ist sehr effektiv, aber teuer. Es gibt aber auch die Möglichkeit mit oralen oder inhalierbaren Mitteln zu therapieren.

Psychische Belastung

Die Leiden Lungenhochdruckkranker beschränken sich allerdings nicht nur auf den Körper. Viele Patienten sind auch von psychischen Veränderungen wie Ängsten oder Depressionen betroffen. "Das Bewusstsein an einer tödlichen unheilbaren Krankheit zu leiden, ist extrem belastend", sagt Eva Hütter von der Patientenvereinigung Lungenhochdruck. Im Alltagsleben fällt vieles schwer, was normalerweise keine Belastung ist: Hausarbeit, Einkaufen, Kinderbetreuung. Junge Frauen müssen sich auch vom Kinderwunsch verabschieden, weil eine Schwangerscahft lebensgefährlich ist. Soziale Isolation ist auch ein Thema: Jede Grippe oder jeder Infekt ist gefährlich und endet meist im Spital. Daher müssen große Menschenansammlungen und öffentliche Verkehrsmittel und Plätze gemieden werden. Darunter leidern dann oft soziale Beziehungen. Dass man vielen Patienten die Krankheit nicht ansieht, ist gleichzeitig auch ein Problem: "Sie werden oft als Hypochonder bezeichnet", weiß Hütter. (Marietta Türk, derStandard.at, 26.11.2009)