Manchmal hat Fiktion mehr mit Realität zu tun, als manche glauben wollen. Das trifft auch auf die Krimis des türkischen Schriftstellers Mehmet Murat Somer zu. Seit 2003 hat der 50-Jährige sechs Bücher aus der Hop-Çiki-Yaya-Reihe veröffentlicht, die im Schwulen- und Transvestiten-Milieu von Istanbul spielen. Hop-Çiki-Yaya ist ein türkischer Begriff für feminine Homosexuelle aus den 1950/60ern - damals waren Cheerleader auch am Bosporus en vogue, die Choreografien galten als "schwul".

Lange Zeit fand Somer keinen Verlag für seinen Erstling Die Prophetenmorde, erst Iletisim Yayinlari, wo auch Orhan Pamuks Bücher erscheinen, wagte eine Veröffentlichung. Das Thema Homo- und Transsexualität ist in der Türkei tabu. Der komödiantische Ton und überzeichnete Kunstfiguren haben aber geholfen, die Hop-Çiki-Yaya-Reihe auch im Mainstream der türkischen Gesellschaft zu etablieren. Bei Klett-Cotta ist nun Der Kuss-Mord erschienen. Wie üblich ermittelt Somers namenloser Held, der ein Doppelleben führt: tagsüber IT- und Aikido-Spezialist, nachts Transvestit. Zweisprachige Lesung und Gespräch mit dem Autor. (dog, DER STANDARD/Printausgabe 24.11.2009)