Monatlich werden in Graz 3000 Spritzen gefunden.

Foto: Standard/Andy Urban

Graz - Eigentlich könnte der erste heimische Drogenkonsumraum bereits im Februar in Graz aufsperren. Nicht nur das Gesundheitsministerium steht dem wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekt der Caritas positiv gegenüber, auch die maßgebliche Parteipolitik in der zweitgrößten Stadt Österreichs hat nichts dagegen. Doch nun droht das von der Beratungsstelle "Kontaktladen" initiierte Projekt doch noch zu scheitern. Polizei und Justiz machen nicht mit oder - wie es Rudolf Gollia, der Sprecher des Innenressorts, ausdrückt - "können gar nicht mitmachen, weil Suchtgiftmissbrauch in Österreich ein Offizialdelikt ist und verfolgt werden muss" .

Das rechtliche Dilemma ist den Befürwortern längst bewusst. "Aber es muss doch eine Lösung geben" , meint Heinz Baumann, grüner Gemeinderat in Graz und Sozialarbeiter. Er verweist auf Deutschland und die Schweiz, wo es "Fixerstuben" samt gesetzlichen Bestimmungen seit mehr als zwanzig Jahren gibt.

Um das Projekt nicht einschlafen zu lassen, laden die Grünen im Februar zu einer Enquete, bei der auch der Polizeipräsident aus Münster, Hubert Wimber, über den behördlichen Umgang mit Konsumräumen referieren wird. Einladungen an das heimische Innenministerium wurden dort bisher abgelehnt. Caritas-Präsident Franz Küberl wird es deshalb heute, Mittwoch, am Rande eines Intergrationstermins direkt bei Innenministerin Maria Fekter (VP) versuchen.

Wie berichtet, plant der Kontaktladen sechs Plätze, an denen sich schwer abhängige Patienten Suchtgift injizieren können. Pro Monat werden in öffentlichen Toiletten und Parks in Graz rund 3000 gebrauchte Spritzen gefunden. Abgesehen von der Gefährdung anderer heißt das, dass jeden Tag durchschnittlich 100 Patienten Suchtgift unter katastrophalen hygienischen Umständen konsumieren und ein hohes Infektionsrisiko eingehen müssen. Auf den sterilen Plätzen im Konsumraum würde das Infektionsrisiko minimiert, außerdem soll medizinisches Personal rund um die Uhr anwesend sein.

Das Innenministerium will sich nicht den schwarzen Peter zuspielen lassen, "aber jeder Beamter, der von einem Suchtgiftmissbrauch weiß und diesen nicht ahndet, macht sich strafbar" , betont Sprecher Gollia. Ähnlich argumentiert auch Katharina Swoboda, die Sprecherin von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner: "Es kann keine Freibriefe in der Strafverfolgung geben." Detaillierte Bewertungen werde es geben, wenn das Konzept für den Drogenkonsumraum dem Justizministerium vorliege. (Michael Simoner, DER STANDARD - Printausgabe, 25. November 2009)