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Finanzminister Josef Pröll will zunächst über "Leistungsgerechtigkeit" diskutieren, nicht über "Verteilungsgerechtigkeit". Die Steuerbegünstigungen für Privatstiftungen will der Finanzminister nicht antasten, denn diese bzw. die stiftenden Unternehmen und Privaten seien "Leistungsträger".

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Wien - Finanzminister Josef Pröll (VP) hat sich entschieden gegen neue Steuern sowie gegen Steuererhöhungen ausgesprochen und vor einer "Neiddebatte" gewarnt. Die Kosten für die Finanzkrise und die Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft müssten von allen getragen werden, "nicht von einigen wenigen", meinte er am späten Dienstagnachmittag anlässlich der diesjährigen Verleihung des Stiftungspreises der Kathrein-Bank im Wiener Konzerthaus. Man solle zunächst über "Leistungsgerechtigkeit" diskutieren, nicht über "Verteilungsgerechtigkeit". Die Steuerbegünstigungen für Privatstiftungen will der Finanzminister nicht antasten, denn diese bzw. die stiftenden Unternehmen und Privaten seien "Leistungsträger".

Die Privatstiftungen könnten in der politischen Debatte leicht als "Symbol" herangezogen werden, warnte Pröll und spielte damit offenbar auf Forderungen nach Abschaffung der Steuerprivilegien von Privatstiftungen an. Daher müsse man auf die Verdienste der Stiftungen hinweisen: In den rund 3.200 Privatstiftungen lägen Vermögen und Werte in Höhe von 64 Mrd. Euro, 400.000 Arbeitsplätze würden davon abhängen. Auf die Stiftungen zu greifen scheine zwar politisch attraktiv, wäre aber der falsche Weg, so der ÖVP-Chef, denn die Stiftungen würden Arbeitsplätze schaffen und sichern.

Großes Potenzial sieht Pröll nicht auf der Einnahmen-, sondern auf der Ausgabenseite des Staates. "Unnötige Kosten in Milliardenhöhe" könnten durch eine Verwaltungsreform eingespart werden, doch "ich stoße hier regelmäßig bei privaten Familienfeiern an die Grenze des Machbaren", spielte Josef Pröll auf diesbezüglichen Widerstand seines Onkels Erwin Pröll (VP), Niederösterreichs Landeshauptmann, an. Weitere Bereiche mit Sparpotenzial seien Pensionen und der Gesundheitssektor. Das durchschnittliche Pensionsalter in Österreich liege heute bei 59 Jahren "mit fallender Tendenz", obwohl die Lebenserwartung weiter steige, kritisierte der Minister. Die Pensionsreform habe sich zwar aus Sicht des Finanzministers ausgezahlt, es gebe aber noch "zu viele Lücken".

Studentenschelte

Anlässlich der Verleihung des "Kathrein & Co-Stiftungspreis" konte sich Pröll einen Seitenhieb auf die protestierenden Studenten nicht verkneifen: Er freue sich, dass es an der Uni auch Studenten gebe, für die das Studium im Vordergrund stehe und nicht die Besetzung des Audimax. Die diesjährige Preisträgerin des mit 3.500 Euro dotierten Preises, Yvonne Schuchter, ist allerdings nicht mehr Studentin, sondern Universitätsassistentin in Salzburg. Sie wurde für ihre Arbeit zu steuerrechtlichen Fragen bei Privatstiftungen ausgezeichnet. Anerkennungspreise gingen an Barbara Steger für ihre Ausführungen zum Thema "Der Aufsichtsrat und Beirat der Privatstiftung" sowie an Anna Kuhn für ihre Arbeit über "Stellvertretung, Insichgeschäft und Treuhandschaft im Privatstiftungsrecht".

Scharfe Kritik an der jüngsten OGH-Judikatur zum Stiftungsrecht übte Christoph Kraus, Chef von Kathrein & Co. und Generalsekretär des Verbandes der österreichischen Privatstiftungen (VÖP). Zwei OGH-Urteile bedürften einer dringenden Korrektur, forderte er eine rasche Gesetzesänderung, um "vernünftige Unvereinbarkeitsregelungen" zu erreichen. Der OGH hatte die Stifter in die Schranken verwiesen: ein Stifter könne nicht einen Beirat mit starken Rechten bilden, der nur aus ihm selber bestehe. Kritik am OGH übte auch Universitätsprofessorin Susanne Kalss: Zwar seien die Entscheidungen zu den Einzelfällen durchaus verständlich, in seinen allgemeinen Ausführungen habe das Höchstgericht aber "übertrieben". Erfreut zeigte sich Kalss, dass alle diesjährigen Ausgezeichneten Frauen sind: "Das ist nicht Quote, das ist Qualität".

Derzeit gibt es 3.232 Privatstiftungen (Stand Ende August 2009) in Österreich, darin liegt Vermögen von etwa 50 bis 100 Mrd. Euro. Das Mindest-Kapitalerfordernis für die Errichtung einer Privatstiftung liegt laut Gesetz bei 70.000 Euro (früher eine Million Schilling). Die seit 1993 in Österreich existierende Rechtsform wird stark im Wirtschaftsleben genutzt: Laut einer Studie des Privatstiftungsverbands waren 2005 rund zwei Drittel des gesamten Stiftungsvermögens in Unternehmensbeteiligungen. Unter wesentlichem Einfluss von Stiftungen stehen etwa die börsenotierten Unternehmen Erste Bank, Strabag, Andritz, Mayr-Melnhof, Zumtobel und Intercell. Auch bei nichtbörsenotierten Firmen wie Rauch, Red Bull, Swarovski oder Umdasch steht eine Stiftung im Hintergrund. Banken nutzen Stiftungen für ihre Industriebeteiligungen, ebenso wie der Immobilien-Milliardär und Gründer des Handelsriesen "Billa", Karl Wlaschek, der zahlreiche Stiftungen für sein Vermögen errichtet hat. Die Kathrein & Co. Bank, 100-Prozent-Tochter der Raiffeisen Zentralbank (RZB), hat sich auf Vermögensverwaltung und auf Privatstiftungen spezialisiert. (APA)