Madrid/Wien - Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek befürwortet den Einsatz von elektronischen Fußfesseln für häusliche Gewalttäter, um Opfer vor weiteren Übergriffen zu schützen. Wie die "ZiB24" des ORF in der Nacht auf Mittwoch berichtete, ließ sich die Ministerin das spanische Fußfessel-System in Madrid vorführen. Heinisch-Hosek verwies darauf, dass in Österreich jeder zehnte Täter die gerichtliche Verfügung missachte, sich vom Opfer fernzuhalten. Das Fußfessel-System "wäre eine Möglichkeit, das hintanzuhalten".

"Nein": Kosten-Nutzenrechnung gehe nicht auf

Die Justiz erteilte dem Projekt mittlerweile "tendenziell" eine Absage. Der Sprecher von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner verwies am Mittwoch auf eine Evaluierung, die ergeben habe, dass - aufgrund der "relativ geringen Zahl" an Verstößen gegen einstweilige Verfügungen - die Kosten zu hoch seien.

Im Jahr 2008 wurden in Österreich 1.925 einstweilige Verfügungen ausgesprochen, davon entfielen 767 auf Wien. Weniger als zehn Prozent der Täter verstießen laut Justizministerium gegen die Auflagen. In Wien wurden im Vorjahr zum Beispiel 62 Verstöße registriert. Im Verhältnis zu den Kosten sei dies eine relativ geringe Zahl, so der Sprecher. Außerdem gehe in den meisten Fällen ein Verstoß gegen die einstweilige Verfügung einher mit anderen Delikten, sodass ein Gerichtsverfahren anhängig sei. Fraglich sei auch die "rechtliche Seite", da das verpflichtende Tragen von Fußfesseln letztendlich ein Eingriff in die Grundrechte sei.

Ob generell elektronische Fußfessel im Rahmen des Strafvollzugs eingesetzt werden wird noch evaluiert. "Die Fußfesseln kommen sicher nicht von heute auf morgen", betonte der Sprecher. Ein wichtiger Punkt sei unter anderem die finanziellen Umsetzbarkeit des kostenintensiven Projekts.

Jeder Zehnte ignoriert Wegweisung

"Ich glaube, dass das System des Armbandes, der Fußfessel, auch insofern gut wäre, weil in Österreich jeder zehnte Täter sich nicht daran hält, wenn eine einstweilige Verfügung vom Gericht da ist, dass er sich fernzuhalten hat", betonte Heinisch-Hosek hingegen dem ORF. Sie verwies darauf, dass die Zahl der Fälle von häuslicher Gewalt auch in Österreich zunehme. Der Anstieg der gemeldeten Fälle sei nur zum Teil dadurch zu erklären, "dass das Bewusstsein gestiegen ist" und mehr Frauen wüssten, wohin sie sich wenden sollen.

Junge Opfer

Die Frauenministerin nahm am Montag auf Einladung ihrer spanischen Amtskollegin Bibiana Aido an einer Konferenz zum Thema "Gewalt und Jugend" in Madrid teil. Aido wies bei der Konferenz darauf hin, dass zwei Fünftel aller 113.500 Frauen, die nach häuslicher Gewalt Opferschutz erhalten haben, jünger als 30 Jahre sind.

Überblick über Entwicklung hierzulande

Heinisch-Hosek sprach bei der Konferenz einer Aussendung des spanischen Frauenministeriums zufolge von einem "langen Weg", den Österreich bei der Bekämpfung von Gewalt an Frauen zurückgelegt habe und verwies auf die Einführung des Straftatbestandes der Vergewaltigung in der Ehe im Jahr 1989 und die Schaffung des Wegweiserechts im Jahr 1997.

Ein Thema des spanischen EU-Ratsvorsitzes

Spanien will den Kampf gegen Gewalt an Frauen auch zum Thema seines EU-Ratsvorsitzes im ersten Halbjahr 2010 machen, sagte Aido. Zu den konkreten Projekten zählen die Schaffung eines einheitlichen EU-Rechtsrahmens zur Verfolgung der Täter sowie einer europaweit einheitlichen Telefonnummer, unter der Opfer rund um die Uhr in ihrer jeweiligen Landessprache betreut werden.

Spaniens verschärfte Maßnahmen

Voriges Jahr kamen in Spanien 75 Frauen durch ihre Partner ums Leben. Zur Bekämpfung des Problems setzt die sozialistische Regierung auch auf eine Verschärfung der Strafen. So können RichterInnen anordnen, dass Täter elektronische Armbänder oder elektronische Fußfesseln tragen müssen. Die Geräte schlagen Alarm, wenn sich ein Täter seinem Opfer auf 500 Meter nähert. Es werden sowohl das potenzielle Opfer als auch die Polizei verständigt. (APA)