Die auflagenstärkste Zeitung des Iran, "Hamshari" ("Bürger"), ist am Montag geschlossen worden. Das berichtete der staatliche iranische Sender Press TV am Dienstag auf seiner Website. Als offizieller Grund wurde die Veröffentlichung eines Bildes eines Tempels der im Iran verbotenen Bahai-Religion in Neu Delhi angegeben, mit dem für Indien-Reisen geworben wurde. "Hamshari" wird seit zwei Jahrzehnten von der Teheraner Stadtverwaltung herausgegeben.

Die spanische Zeitung "El Pais" wies in ihrer Internetausgabe darauf hin, dass das beanstandete Foto schon öfters in iranischen Zeitung veröffentlicht wurde. Doch "Hamshari" wird im Verantwortungsbereich des Teheraner Bürgermeisters Mohammad Baqer Ghalibaf produziert, eines wichtigen konservativen Rivalen von Präsident Mahmoud Ahmadinejad.

Derzeit streiten sich die beiden, wem die Kontrolle und der Ausbau der Untergrundbahn der Hauptstadt obliegt - dem Staat oder der Stadtverwaltung. Dabei spielen auch wirtschaftliche Fragen eine wichtige Rolle, geht es doch um gewinnträchtige Aufträge und ansehnliche Provisionen.

Ein weiterer Aspekt ist nach Darstellung informierter Beobachter im Iran, dass die Teheraner Metro seit 1997 unter Leitung von Mehdi Hashemi, dem Sohn des als Pragmatiker geltenden Ex-Präsidenten Ali Akbar Hashemí Rafsanjaní (1989-1997), steht. Die beiden sind ebenfalls Gegner Ahmadinejads. Letzterer hatte Rafsanjani während des Wahlkampfes vor dem umstrittenen Urnengang von 12. Juni vorgeworfen, sich illegal bereichert zu haben.

Ahmadinejad und seine Verbündeten seien derzeit offenbar bestrebt, jede noch so leise Kritik zu unterdrücken, schreibt "El Pais". Nachdem bereits wichtige Reformerzeitungen geschlossen worden seien, gehe es nun den konservativen Kritikern an den Kragen. Nur so könne man die Schließung der Zeitung "Khabar" erklären, die dem derzeitigen Parlamentspräsidenten und früheren Atomverhandler Ali Larijani nahesteht. (APA)