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"Die beiden roten Kreise sind gleich groß", werden Sie wie aus der Pistole geschossen antworten - aber hauptsächlich deshalb, weil Sie das Rätsel kennen. Ihr Auge scheint Ihnen nämlich einen anderen Eindruck zu vermitteln.

Grafik: Archiv

Düsseldorf - Welcher der beiden Mittelkreise ist größer? Eine der bekanntesten Optischen Täuschungen, zurückgehend auf den deutschen Psychologen Hermann Ebbinghaus, lässt zwar Erwachsene in die Falle tappen, Kinder aber - je nach Alter - wenig oder gar nicht. Zumindest behaupten das schottische Forscher im Online-Journal "Developmental Science". Sie entdeckten, dass selbst zehnjährige Kinder die Umgebung eines fokussierten Objekts noch nicht wie Erwachsene wahrnehmen. Das macht sie weniger anfällig, bestimmten Optischen Täuschungen auf den Leim zu gehen. "Falls die visuelle Umgebung in die Irre führt, sieht ein Erwachsener die Welt weniger genau als ihm dies als Kind gelang", berichtet Studienleiter Martin Doherty von der Universität Stirling.

Die Ebbinghaus-Illusion beruht auf zwei identisch großen, nebeneinander abgebildeten Kreisen, von denen der erste von großen, der andere von kleinen Kreisen umgeben ist. Der erste Kreis erscheint für den erwachsenen Blick kleiner als der zweite, da die ihn umgebenden Kreise ihn in einen anderen Kontext stellen.

Der Versuch

Um den Nachweis zu erbringen, zeigte Doherty 150 Kindern im Kindergarten- und Volksschulalter mehrere Bilder mit der Ebbinghaus-Illusion und verglich die Daten mit denen von 24 Studenten. Beide Gruppen sollten von zwei abgebildeten, teils verschieden großen Kreisen den größeren bestimmen. Es zeigte sich, dass sich die meisten Erwachsenen von den Kreisen in der Umgebung irreführen ließen, was bei Sieben- bis Zehnjährigen weit seltener der Fall war. Die Vier- bis Sechsjährigen rieten hingegen eher nach dem Zufallsprinzip.

Die Forscher sehen dies als Hinweis dafür, wie sich die optische Wahrnehmung erst im Lauf der Kindheit entwickelt. "Kinder bringen die Größe von Zielobjekten weniger mit ihrem Kontext in Verbindung als dies im Erwachsenenalter der Fall ist. Sobald das Gehirn voll entwickelt ist, kann sich die Gehirnrinde kaum mehr auf einzelne Teile einer Szene konzentrieren. Damit verliert es auch die Fähigkeit, trügerische Komponenten einer Optischen Täuschung aufzudecken", so Doherty. (pte/red)