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Sonnenfleck-Aktivität im Jahr 2007, aufgenommen vom Satelliten "Hinode"

Foto: AP/NASA

London/Graz - Über die entscheidende Bedeutung starker Magnetfelder für den Antrieb von Sonnenwinden berichten Forscher am University College London in der Zeitschrift "Astrophysical Journal". Sie werteten die Daten aus, die 2007 durch einen Spektrometer zur Erfassung extrem kurzwelliger ultravioletter Strahlung auf dem japanischen Satelliten "Hinode" erhoben worden waren und konnten dabei zeigen, dass die hohe Geschwindigkeit der Winde auf das Auflösen magnetischer Spannungen zurückgeht.

Sonnenflecken als Zentren

Als "Sonnenwind" bezeichnet man Ansammlungen von Protonen, Elektronen und Helium-4-Atomkernen, sogenannten Alphateilchen. Diese werden mit Geschwindigkeiten von mehreren Millionen Kilometern pro Stunde aus der Sonne ausgestoßen. "Er ist ein Fluss, der durch heißes Gas und ein Magnetfeld zustande kommt, das auch die Erde und andere Planeten einhüllt", erklärt Studienleiter Deb Baker. Bisher habe man gewusst, dass Veränderungen in diesem Wind erhebliche Störungen in Erdnähe und in der oberen Atmosphäre verursachen können, ohne dass jedoch Klarheit über die Antriebsquelle bestand.

Die aktuellen Daten sprechen dafür, dass dieser Antrieb aus freigesetzter Energie stammt, die zuvor im Magnetfeld der Sonne gespeichert war. "Am stärksten geschieht diese Freisetzung von magnetischer Energie in den hellsten aktiven Bereichen der Sonnenoberfläche, den Sonnenflecken, die eine starke Konzentration des Magnetfelds darstellen", so Baker. Der zugrundeliegenden Prozess sei eine spezielle Art der sogenannten Feldlinienverschmelzung ("slipping reconnection"). Die Forscher vermuten, dass dieser Prozess nicht nur in der Korona, sondern auch an allen anderen Regionen in verschiedenem Ausmaß stattfindet.

Hohe Bedeutung für Plasmaphysik

"Bei der Feldlinienverschmelzung wird Energie aus dem Magnetfeld in Teilchenenergie freisetzt. Dazu kommt es, wenn ein Magnetfeld ausgedehnt wird und Feldlinien mit entgegengesetzter Polarität einander überlagern", erklärt Wolfgang Baumjohann, Direktor des Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Diese Startbeschleunigung von Sonnenwinden geschehe in Form der Massenauswürfe in der Sonnenkorona.

Dass Sonnenwinde auf diese Weise angetrieben werden, vermutet die Wissenschaft schon länger. "Allein der Beweis dafür konnte bisher nicht erstellt werden, da man sich nicht in die Sonne selbst begeben kann. Nun ist dies auf andere Weise gelungen", so Baumjohann. Vorteilhaft sei die Erkenntnis, die einen der wichtigsten Prozesse der Plasmaphysik beschreibe, um das Geschehen in anderen Sternen und anderen Galaxien besser zu verstehen. "Die Sonne steht uns sehr nahe und lässt sich daher viel besser erforschen." (pte/red)