UniStandard: Wo liegen die größten Knackpunkte des neuen Uni-Kollektivvertrags, der seit Oktober gilt?

Schmidinger: Wir Lektoren kritisieren vor allem die eingeführten "Senior Lecturers". Sie sind im KV (Kollektivvertrag, Anm.) unklar definiert, nämlich ohne festgelegtes Arbeitsausmaß, als "Personen, die überwiegend in der Lehre eingesetzt werden". An der Uni Wien wird derzeit verhandelt. Das Rektorat plant einen Lehrumfang von 13 bis 16 Wochenstunden plus Vorbereitungszeit. Es ist nicht vorgesehen, dass "Senior Lecturers" auch forschen. Sollte das umgesetzt werden, kommt es zur Trennung von Forschung und Lehre.

UniStandard: Heißt das für die Studenten weniger Qualität?

Schmidinger: Wenn die Lektoren alle ersetzt werden, ja. Im Moment sind Lektoren auch außeruniversitär tätig und bringen Inputs aus der Forschung und Praxis an die Unis. Durch das Einstellen von "Senior Lecturers" wird die Vielfalt der Inhalte zurückgehen und weniger Spezialisierungen angeboten werden.

UniStandard: Wird Österreich als Forschungsstandort unattraktiver?

Schmidinger: Es gibt eine Teilung durch die parallele Einführung von "Senior Scientists" und "Senior Lecturers". Es soll also Lehrende geben und elitäre Forscher, mit denen man internationale Erfolge erzielen will. Aber woher kommen die Nachwuchsforscher, wenn die Lehre vernachlässigt wird?

UniStandard: Wie wird im KV mit dem Nachwuchs umgegangen? Schmidinger: Predoc-Stellen waren früher Vollzeitanstellungen. Die Hälfte der Stunden konnte für die Dissertation verwendet werden. Im neuen KV werden diese Stellen zwar besser bezahlt. Doch an der Uni Wien wurde das Arbeitspensum auf 30 Stunden reduziert, davon stehen nur noch zehn Stunden für die Dissertation zur Verfügung. Die restlichen 20 Stunden sind für Verwaltung und Lehre kalkuliert. Die Uni hat so den Spielraum genutzt, um Verbesserungen, die es im KV gebe, zu unterlaufen.

UniStandard: Ist ein Streik geplant?

Schmidinger: Die Idee steht im Raum. Die Frage ist aber, wie man einen Streik so organisieren kann, dass er nicht nur Lehrenden und Studierenden schadet, sondern jenen wehtut, bei denen man etwas erreichen möchte. (Sophie Niedenzu, DER STANDARD, Printausgabe, 26.11.2009)