Auf "illegalem Weg" kommt ein 28-Jähriger in die Pontlatz-Kaserne in Landeck - Dass sich der Wächter dort überraschen ließ, überrascht den Militärkommandanten nicht

Foto: Bundesheer/Konrad

Innsbruck - In der Nacht auf Donnerstag - laut internen Aufzeichnungen des Militär genau um 22.38 Uhr - drang ein vermummter Mann in die Pontlatz-Kaserne in Landeck ein. Er überwältigte einen Wachsoldaten und beging anschließend im Wachlokal Selbstmord mit einem Sturmgewehr - das er einfach aus dem Schrank des Wachzimmers nahm.

Wenige Stunden später sieht der stellvertretende Tiroler Militärkommandant Oskar Heel nach den ersten internen Ermittlungen eigentlich nichts Besonderes an dem Vorfall. Der Wachsoldat habe sich zum Zeitpunkt des Überfalls "sehr angemessen dem Menschen entgegengesetzt" - die vermummte Person sei ja nicht einfach durchs Tor reinspaziert, der Mann habe einen "illegalen Weg" über einen Zaun genommen, argumentiert der Heeresvertreter.

Recht überraschend sind die weiteren Ausführungen des Kommandanten: Der Eindringling habe sich von hinten an die Wache herangeschlichen. "Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Wachlokal, mitten in der Nacht, und plötzlich steht einer vor Ihnen. Da denken Sie als Erstes: Das ist jetzt aber ein Scherz." Der Wachsoldat, der sich zu dieser Zeit allein im Wachzimmer befand, stellte dann fest: Der Überfall war kein Scherz.

"Die Wache versuchte dann den Eindringling aus dem Wachzimmer rauszudrängen. Das gelang aber nicht." Also habe die Wache sich selbst am Angreifer vorbeigedrängt und den Offizier vom Dienst verständigt.

Während der Offizier die Polizei rief, wurde ein Feuerstoß und anschließend ein Schuss im Wachlokal bemerkt. Der Offizier sah den Mann im Wachlokal am Boden liegen und verständigte sofort den Notarzt. Dieser stellte den Tod des Mannes fest. Er hatte sich mit einer Bundesheerwaffe aus dem Waffenschrank im Wachlokal erschossen.

Für Oberst Heel waren die Absichten des Eindringling klar: "Es tut mir leid, aber er wollte Selbstmord begehen." Und es sei durchaus normal, dass geladene Waffen in einem unversperrten Waffenschrank im Wachzimmer gelagert würden. "Die Waffen müssen jederzeit griffbereit sein", erklärt der Oberst: "Für jeden Wachsoldaten steht eine Waffe zur Verfügung." Auch dass der Wachsoldat sich Mittwochnacht gegen halb elf allein im Wachlokal aufgehalten habe, sei normal. "Alles menschlich", erklärt Heel: "Drei sind auf Wache. Einer hat geschlafen, einer musste austreten."

Interne Ermittlungen rund um den Selbstmord im Wachzimmer der Pontlatz-Kaserne wurden noch Donnerstagnacht begonnen. Die anwesenden Soldaten wurden psychologisch betreut. Für Donnerstag wurden sie vom Dienst freigestellt. Ein Ergebnis der Untersuchungskommission erwartet Heel am Freitag. Der 28-jährige Mann, der sich im Wachzimmer erschossen hatte, soll einen Abschiedsbrief hinterlassen haben. Der Mann war offenbar aus der Region, seinen Grundwehrdienst soll er aber in Innsbruck absolviert haben. (Verena Langegger/DER STANDARD, Printausgabe, 27. November 2009)