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Das Ende der Kinderarbeit: Humanoide Roboter lernen jetzt auch, feinmotorische Arbeiten auszuführen, wie dieser Motoman-SDA5D des japanischen Herstellers Yaskawa.

Foto: APA/EPA/DAI KUROKAWA

Normalerweise soll der Roboter Motoman mit seinen mächtigen Stahlarmen schwere Bauteile wuchten. Doch auf der Robot Expo in Tokio lassen die Erschaffer den Muskelprotz filigran mit Lego basteln. Ein anderer bereitet japanische Pfannkuchen zu. Das Ziel der Schau stellt Junji Tsuda, Chef der Robotersparte von Yaskawa, einem führenden Hersteller von Automatisierungstechnik für die Industrie, klar: "Wir wollen multifunktionelle Roboter entwickeln, die unabhängiger als bisher agieren."

Motoman zeigt damit den Trend der Messe im roboterverrückten Japan auf: Aussteller aus den führenden Roboternationen Japan, Deutschland und USA präsentieren nahezu marktreife Hände für den Kollegen Maschine. Mit zwei, drei oder vier Fingern können sie Kühlschränke öffnen und Eier greifen, ohne sie zu zerbrechen.

Mit der Fähigkeit zum fingerfertigen Hantieren brechen die Maschinenkameraden aus ihrer eingezäunten Existenz als stumpfe Produktionsautomaten aus. Sie werden immer mehr zum Partner des Menschen. Denn nun können die Roboter flexibler auf ihre Umwelt reagieren, verschiedene Dinge greifen, montieren oder bringen.

Der nimmermüde, immer freundliche Haushaltshelfer wird allerdings noch für lange Zeit ein Traum bleiben, macht Asiens wichtigste Robotermesse deutlich. Humanoide Roboter wie Hondas Asimo fehlen. "Der Weg zur Servicerobotik führt nur über die Fabriken", sagt Rainer Bischoff vom größten europäischen Roboterhersteller Kuka aus Deutschland. Im relativ geschützten Umfeld werden die Roboter robust, sicher und schlau genug gemacht werden, um dem Menschen im Alltag eine wirkliche Hilfe zu sein. Selbst das Öffnen eines Kühlschranks stellt noch eine Herausforderung für Roboter dar. Außerdem rechnet sich die Anschaffung eines Menschenersatzes nur im Dauerbetrieb.

Zuerst wird der Roboter also Seite an Seite mit dem menschlichen Kollegen schuften. Den neuesten Stand der Technik bei zweiarmigen Robotern stellt der japanische Hersteller Kawada Industries auf der Messe vor. An einen Arbeitstisch hat er drei menschengroße Gesellen mit flachen Köpfen positioniert, die arbeitsteilig ein Werkstück produzieren. Der erste Roboter bastelt Platten zusammen, reicht sein Bauteil per Hand an Roboter zwei weiter. Der greift sich eine Bohrmaschine, dreht Schrauben rein und gibt das Zwischenprodukt an seinen dritten Kollegen weiter, der es abschließend behandelt und ablegt. Die Maschinenwesen sind bereits für den Einsatz unter Menschen geeignet. Denn sie schalten sich ab, wenn eine Person ihnen zu nahe tritt.

Auch Japans größter Industrieroboterhersteller Fanuc verschließt sich dem Trend zum Greifen nicht. Neben einem Arm, der Lasten von bis zu einer Tonne umherwuchten kann, sortiert das sechsachsige Greiferchen Genkotsu Number 1 (Faust Nummer 1) wild durcheinanderliegende Pillen blitzschnell nach Farben in Fläschchen. Roboter wie diese könnten auch Arbeiten übernehmen, die bisher Menschen vorbehalten waren und damit der Roboterindustrie neue Märkte öffnen, sagt Unternehmenssprecher Keisuke Fujii.

"Eigenständige Roboter werden nur die Spitze des Eisbergs sein, unter der Oberfläche wird es hingegen sehr viel Robotertechnik im Alltag geben", meint Shu Ishiguro, Generalsekretär des Rats zur Förderung der Roboterindustrie, mit Blick in die Zukunft. Doch auch der richtige Roboter wird kommen. Alle Unternehmen arbeiten darauf hin. Yaskawa führt sogar einen - nennen wir ihn mal - Ro-Butler vor. Die abgespeckte Version des Motoman holt ein Getränk aus dem Eisschrank und serviert es langsam, aber formvollendet japanisch - mit einer tiefen Verbeugung. (Martin Kölling aus Tokio, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27. November 2009)