Genf - Die Bevölkerung eines von einer Armee bedrängten Landes hat nach Angaben des Roten Kreuzes ein Recht auf Widerstand. Darauf hat die Sprecherin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Antonella Notari, am Dienstag in Genf verwiesen. Die Genfer Konventionen über den Schutz von Kriegsfangenen und der Zivilbevölkerung lassen auch zu, dass eine Guerilla-Taktik angewandt wird und Kämpfer sich nicht durch Uniformen als Mitglieder einer Armee zu erkennen geben müssen. "Dies gilt aber alles nur, wenn die Zivilbevölkerung ausgespart wird und die Kämpfer die Waffen offen tragen", sagte Notari. Sie spielte damit auf Selbstmordangriffe im Irak-Krieg an, die bereits mehrere Opfer gefordert haben.

Jüngster Zwischenfall am Kontrollpunkt: Hoffen US-Soldaten haben ausreichend gewarnt

Zu dem jüngsten Zwischenfall an einem Kontrollpunkt in der Nähe der zentralirakischen Stadt Najaf, wo US-Soldaten an einem Kontrollpunkt mindestens sieben Frauen und Kinder getötet und weitere vier durch Schüsse verletzt haben, wollte sich Notari nicht direkt äußern. Nach Medienberichten hatten die Soldaten das Feuer auf einen Kleinbus eröffnet, der trotz Aufforderung zum Halten und Warnschüssen weitergefahren sei. "Wir hoffen, dass die Soldaten die Insassen des Busses deutlich und ausreichend gewarnt haben", sagte die IKRK-Sprecherin lediglich.

"Heimtücke" als Kampfmittel ausdrücklich verboten

Während es das Recht auf Widerstand gibt, ist etwa "Heimtücke" nach den Zusatzprotokollen der Genfer Konventionen als Kampfmittel ausdrücklich verboten. Dazu gehört auch "das Vortäuschen der Absicht, unter einer Parlamentärflagge (weiße Fahne) zu verhandeln oder sich zu ergeben" (Zusatzprotokoll I, Artikel 37). Die alliierten Streitkräfte hatten von mehreren Fällen berichtet, wo sie von Männern mit weißer Flagge angegriffen wurden.

Offenes Tragen von Waffen

In Artikel 44 heißt es zwar, dass sich die "Kombattanten" von der Zivilbevölkerung unterscheiden müssen. "Da es jedoch in bewaffneten Konflikten Situationen gibt, in denen sich ein bewaffneter Kombattant wegen der Art der Feindseligkeiten nicht von der Zivilbevölkerung unterscheiden kann", behält er den für die Behandlung in Kriegsgefangenschaft wichtigen Kombattantenstatus, wenn er "während jedes militärischen Einsatzes seine Waffen offen trägt".

Das III. Genfer Abkommen regelt in Artikel 4 auch, dass "die Bevölkerung eines unbesetzten Gebietes, die beim Herannahen des Feindes aus eigenem Antrieb zu den Waffen greift, um die eindringenden Truppen zu bekämpfen, ohne zur Bildung regulärer Streitkräfte Zeit gehabt zu haben, sofern sie die Waffen offen trägt und die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhält", das Recht auf Kriegsgefangenenstatus hat. (APA/dpa)