Phnom Penh - Der ehemalige Folterchef des Terrorregimes der Roten Khmer in Kambodscha hat am Freitag vor Gericht einen Freispruch gefordert. Am letzten Tag seines neunmonatigen Prozesses sagte Kaing Guek Eav, genannt "Duch", vor dem von der UNO unterstützten Sondertribunal in Phnom Penh, er verlange seine Freilassung. Sein kambodschanischer Anwalt Kar Savuth bestätigte, Duch wolle seine Freilassung, weil er kein hochrangiges Mitglied des von 1975 bis 1979 herrschenden maoistischen Regimes gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft hatte 40 Jahre Haft gefordert. Dem Angeklagten werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter und Mord vorgeworfen.

Mit einem Urteil gegen den 67-jährigen einstigen Mathematiklehrer wird Anfang kommenden Jahres gerechnet. Das Anfang des Jahres begonnene Verfahren ist der erste Prozess gegen einen ranghohen Vertreter der Roten Khmer. Der einstige Folterchef leitete das berüchtigte Gefängnis Tuol Sleng (S-21) in Phnom Penh, in dem zwischen 1975 und 1979 rund 15.000 Insassen gequält und umgebracht worden waren. Im März hatte der Angeklagte die Überlebenden und die Angehörigen der Opfer um Vergebung gebeten.

Das aus 17 kambodschanischen und 13 von den Vereinten Nationen gestellten ausländischen Juristen bestehende Sondertribunal war 2006 nach fast zehnjährigen Verhandlungen errichtet worden. Ihm sind enge Grenzen gesteckt, andernfalls wäre seine Einsetzung an einem Veto Chinas im Weltsicherheitsrat gescheitert. Die von Peking unterstützten Roten Khmer unter Pol Pot waren 1975 an die Macht gekommen. In den knapp vier Jahren ihrer durch eine vietnamesische Militärintervention beendeten Herrschaft kamen bis zu zwei Millionen Menschen ums Leben, viele durch Hungersnöte und Zwangsarbeit. Ex-Diktator Pol Pot starb 1998 in einem Dschungelversteck an der thailändischen Grenze.

Ziel der Roten Khmer war es, das südostasiatische Land in eine kollektivistische Agrargesellschaft umzuwandeln. Die Angehörigen der Intelligenz wurden systematisch ausgerottet. Nach ihrem Sturz durch die Vietnamesen zogen sich die Roten Khmer in den Dschungel zurück und erhielten auch vom Westen Hilfe. Sie behielten den UNO-Sitz und führten einen verlustreichen Untergrundkrieg gegen die Vietnamesen und das mit deren Hilfe installierte Regime in Phnom Penh. Erst 1991 kam es zur Unterzeichnung des Pariser Friedensabkommens, das die Voraussetzung für eine große UNO-Friedensoperation und demokratische Wahlen schuf. (APA)