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Rechte Mehrheit, eher linkes Programm: Barroso stellte die zweite EU-Kommission unter seiner Führung vor. Eine „grüne, soziale Marktwirtschaft" soll sie in der Union forcieren.

Foto: EPA/OLIVIER HOSLET

Große und kleine Staaten sind geschickt ausbalanciert.

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Ich will, dass diese Kommission Europa in den nächsten fünf Jahren aus der Krise herausführt, hin zu einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft, die ein nachhaltiges Wachstum garantiert". Mit diesem Leitmotiv hat Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Freitag in Brüssel sein neues Team vorgestellt. Es besteht neben ihm selbst, EU-Außenministerin und Vizepräsidentin Catherine Baroness Ashton noch aus weiteren 25 Kommissaren. Inhaltlich gehe es auch darum, in der Union eine „grüne, soziale Marktwirtschaft zu etablieren", Innovation in den Vordergrund zu rücken.

Seine Truppe sei eine „gute Mischung", ein „perfektes Team aus Erfahrung und Neuem", beschrieb der Präsident seine Kollegen. Tatsächlich ist knapp die Hälfte bereits zum zweiten Mal dabei. Barroso zeigte sich bei einer Pressekonferenz vor seiner Abreise nach China überzeugt davon, dass diese Kommission nach den Anhörungen vor dem Europäischen Parlament im Jänner auch die Abstimmung klar überstehen werde. Fragen ob er angesichts der kommunistischen Vergangenheit zweier Kommissare nicht Probleme erwarte, verneinte er. Er habe mit allen Kandidaten gesprochen und geklärt, ob es irgendein Problem gäbe, das dem neuen Amt widerstrebe. Dies sei nicht der Fall.

Hatte Barroso in seiner ersten Amtszeit seit 2004 die Zuständigkeiten für die schwergewichtigen Ressorts - wie Wettbewerb, Wirtschaft/Währung oder Binnenmarkt - noch ganz auf die kleinen Länder verteilt, so entschied er sich diesmal für einen Mix (siehe Grafik nebenan). Auch dabei scheint er vor allem Rücksicht auf Ausgleich, auf Balance und möglichst große Unterstützung seitens der Regierungen, der Parteifamilien und der EU-Abgeordneten zu setzen - praktisch alle wichtigen Interessensgruppen finden sich wieder.

So ist es Barroso in der letzten Woche noch gelungen, insgesamt neun Frauen ins Team zubringen, nachdem es zwischenzeitlich so ausgesehen hatte, dass es nur vier oder fünf werden.

Und auch parteipolitisch hat er nachgelegt. Die Christdemokraten, die die EU-Wahlen im Juni deutlich gewonnen hatten, stellen knapp die Hälfte der Kommissionsmitglieder. Die Sozialdemokraten bekamen zwar nur sechs Sitze, besetzen aber mit Ashton eine der wichtigsten Positionen in Brüssel.

Mit einer kleinen Überraschung endete die Ressortverteilung für Österreich: Wissenschaftsminister Johannes Hahn bekam im letzten Moment nicht - wie breit kolportiert Umwelt oder Forschung - sondern die Regionalpolitik zugesprochen, ein relativ gewichtiges, budgetschweres Ressort, in dem die gesamte Struktur- und Regionalförderung in den ärmeren Regionen der Union zu verteilen ist (siehe Bericht auf Seite 3). Im Barroso-Team gibt es einige Überraschungen. Dazu gehört das Energiedossier für den Deutschen Günther Oettinger, der lange um Industrie kämpfte. Der Rumäne Ciolos wird Agrarkommissar, laut Barroso „die kompetenteste Person, die sich angeboten hat".

Frankreich hat sich durchgesetzt, indem Michel Barnier nicht nur für den Binnenmarkt, sondern auch für Dienstleistungen, also auch die Banken der Londoner City, zuständig sein wird. London hatte dagegen große Bedenken.

Und eine der größten Stützen für Barroso wird der Finne Olli Rehn als Wirtschafts- und Währungskommissar sein. (Thomas Mayer, DER STANDARD, Printausgabe, 28./29.11.2009)