Es ist ziemlich peinlich, wenn man eine Führungskraft nach nur vier Wochen im neuen Job schon wieder ziehen lassen muss, weil sie nicht wegen ihres Erfolgs im Gespräch, sondern bloß wegen schlechten Krisenmanagements im Gerede ist. Doch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte keine andere Chance. Franz-Josef Jungs Rücktritt war überfällig. Jung, zuletzt Arbeitsminister, klebte dann ja erfreulicherweise doch nicht so lange an seinem Stuhl wie so mancher belastete österreichische Politiker.

Seit seinem Amtsantritt als Verteidigungsminister im Jahr 2005 galt Jung als Fehlbesetzung, als ein vom hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) am Berliner Kabinettstisch eingeschleustes U-Boot. Oft hat Merkel beide Augen zugedrückt, doch die Informationspolitik nach dem Luftangriff in Afghanistan war nicht mehr hinnehmbar. Ein Verteidigungsminister, der unwissend ist, weil er zu wenig erfährt und anderes gar nicht liest - einfach untragbar.
Jungs Abgang ist aber auch eine Chance für Merkel. Bis heute kann sich kaum jemand erklären, warum sie den Hessen nach ihrer Wiederwahl auch noch zum Arbeitsminister machte. Auf diesem Feld hatte sich Jung nicht hervorgetan, die Arbeitsmarktpolitik gilt Schwarz-Gelb aber als Schlüsselthema. Jung zu überflügeln wird nicht schwierig sein.

Bewähren muss sich noch einer: Der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der bisher hauptsächlich von Vorschusslorbeeren und halbgottähnlicher Verehrung lebte. Er kann nun zeigen, ob es ihm nebst Glamour-Auftritten gelingt, in seinem Haus aufzuräumen.
(Birgit Baumann, DER STANDARD, Printausgabe, 28./29.11.2009)