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"Dialogue is key", Dialog ist der Schlüssel: Das ist das Bekenntnis von Mohamed ElBaradei, der die IAEO jetzt in japanische Hände übergibt. Viele Ägypter könnten sich den IAEO-Pensionisten als ihren nächsten Präsidenten vorstellen.

Foto: Reuters/Prammer

Sein Hauptproblem der letzten Jahre, der Atomstreit mit dem Iran, bleibt ungelöst.

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Wien - Das einzig wahre Abschiedsgeschenk, ein Durchbruch im Atomkonflikt mit dem Iran, blieb ihm verwehrt: Mohamed ElBaradei verlässt die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO), ohne die Streitparteien von seinem Mantra "Dialogue is key" überzeugt zu haben. Der Zug in Richtung Eskalation ist wieder einmal abgefahren. Eine Niederlage für den Friedensnobelpreisträger von 2005 - den Preis bekam er zu gleichen Teilen mit der "Agency", wie sie im Diplomatenjargon heißt -, der heute, Montag, nach zwölf Jahren die IAEO-Spitze verlässt.

Der heute 67-jährige ägyptische Jurist und Berufsdiplomat kam 1984 in die IAEO. Als er 1997 dem schwedischen Langzeit-Generalsekretär Hans Blix (1981-1997) nachfolgte, übernahm er eine Atomenergiebehörde, deren Profil stark im Wandel begriffen war: Die Non-Proliferationsaufgaben der IAEO, das heißt, die Aufsicht über den Atomwaffensperrvertrag (NPT - Non-Proliferation Treaty), wurden immer dringender, nachdem durch die Entdeckung eines geheimen Atomprogramms im Irak 1991 klar geworden war, dass Treu und Glauben als Kooperationsbasis mit NPT-Unterzeichnern nicht ausreichten.

Bis dahin war das IAEO-Inspektionsmandat reichlich schwach. Inspiziert wurde, was zur Inspektion angemeldet war. Da die IAEO immer wieder für ihre Zahnlosigkeit gescholten wird, muss betont werden, dass über das, was sie darf und nicht darf, allein die Mitgliedsstaaten entscheiden - die die strengeren Inspektionen, salopp gesagt: das Herumschnüffeln in Atomanlagen, meist nur beim jeweils anderen zur Anwendung kommen sehen möchten, nicht bei sich selbst.

Was Blix so sehr betonte - dass die IAEO eine technische Agentur sei, für die das politische Ansehen der Mitglieder egal sein müsse -, nahm auch ElBaradei für sich in Anspruch. Aber unter ElBaradei bekam die Sache einen anderen Ton, die einen sagen "engagierter" , die anderen "politischer" .

Ein gutes Beispiel dafür war ElBaradeis Auftritt vor dem Uno-Sicherheitsrat unmittelbar vor dem Irakkrieg 2003: Dort setzte sich der IAEO-Generalsekretär, dessen Inspektoren gerade vergeblich nach Hinweisen auf ein neues Atomprogramm im Irak suchten, explizit für eine längere Inspektionszeit ein, die den US-Einmarsch aufhalten sollte. Blix - der damals der Uno-Waffenkommission für den Irak vorstand, die für alle anderen Waffengattungen zuständig war - betonte danach wiederholt, dass aus seinem Mund so etwas nie gekommen wäre: Man habe keine Empfehlungen abzugeben, sondern nur Beschreibungen, die dem Uno-Sicherheitsrat als Grundlage des Handelns dienen sollten.

Die Regierung von US-Präsident George Bush machte danach kein Hehl aus ihrer Abneigung gegen ElBaradei und sein Engagement gegen den Irakkrieg: War seine Verlängerung als Generalsekretär 2001 noch völlig glatt über die Bühne gegangen, so legten sich 2005 die USA quer, scheiterten allerdings daran, eine Mehrheit gegen eine dritte Amtszeit ElBaradeis zustande zu bringen, obwohl sie sich - inklusive Verwanzung von ElBaradeis Telefonen durch die CIA - mächtig ins Zeug legten. Die Bestätigung ElBaradeis als IAEO-Generalsekretär kam im Herbst 2005 - gefolgt von der Nachricht von der Verleihung des Nobelpreises.

Vom Thema, das ihm diese Auszeichnung eingebracht hatte - der Irak-Kontroverse -, wollte ElBaradei in der Folge allerdings nichts mehr hören: so auffällig, dass sogar das Gerücht entstand, er habe der damaligen US-Außenministerin Condoleezza Rice versprechen müssen, das I-Wort nicht mehr in den Mund zu nehmen. Je näher sich die Amtszeit ElBaradeis dem Ende zuneigte, desto öfter verwies er jedoch wieder auf den Fall Irak: Zuletzt auch, als er von einigen Ländern beschuldigt wurde, Informationen über das iranische Atomprogramm zurückzuhalten. Er kenne das, sagte ElBaradei im September vor dem IAEO-Gouverneursrat, diesen "Hype" und diese "Fabrikationen" , er und die Agency hätten das schon vor dem Irakkrieg durchgemacht. Wenn einer etwas zu sagen habe, dann trete er jetzt vor, wetterte er. Niemand kam.

Mohamed ElBaradei, der in Wien eine Wohnung behält, hat angekündigt, dass er auch in Zukunft in Erscheinung treten wird. Immer wieder wird er als möglicher Präsidentschaftskandidat in Ägypten ins Spiel gebracht, der das Zeug hätte, Hosni Mubarak zu beerben. Auch eine interessante Baustelle. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 30.11.2009)