Austria Salzburg feiert in der 1. Landesliga die bereits vierte "Winterkrone" in Folge und denkt an die Regionalliga West.

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Austria Salzburgs sportlicher Leiter Gerhard Stöger: "Wir wollen in die Bundesliga, aber nicht unter allen Bedingungen. Ein Ried im Kleinformat ist meine Vision."

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"Mit unserem jetzigen Kader würden wir uns zwischen dem vierten und dem achten Platz ansiedeln", sagt der sportliche Leiter Gerhard Stöger über die Regionalliga West.

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Ex-Bulle Vratislav Lokvenc bald ein Austrianer?

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Nach einem versuchten Platzsturm verhängte der "Fanverein" die ersten Hausverbote.

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"Die Austria kann auch vor fünf, sechs oder siebentausend Zuschauern spielen", sieht Stöger das Fanpotenzial noch lange nicht ausgeschöpft.

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derStandard.at: Austria Salzburg ist zum vierten Mal in Folge Winterkönig. Ist auch die 1. Landesliga nur eine kurze Zwischenstation auf dem Weg in die Regionalliga West?

Gerhard Stöger: Ich müsste mich schon sportlich sehr täuschen, wenn wir heuer den Aufstieg nicht schaffen. Aber gegen uns hat jeder Gegner Schaum vorm Mund. Die anderen Mannschaften sind so motiviert, da ist jedes Meisterschaftsspiel wie ein Cupspiel.

derStandard.at: Hat der Austria-Kader so viel Klasse, machen die Fans den Unterschied aus, oder warum dominiert der 2006 neu gegründete Verein bisher jede Liga?

Stöger: Wir versuchen mit Weitblick zu arbeiten. Schauen uns immer schon die nächst höhere Liga an und stellen auch unseren Kader so zusammen, dass wir damit weiter oben mithalten können. Bei der Auswahl unserer Spieler kommt es oft sehr auf den Charakter an, ob er vom Typ her zu uns passt. Und bisher hat mein Bauchgefühl sehr oft gestimmt.

derStandard.at: Austria-Trainer Didi Emich meinte: "Wir gewinnen ja nicht, nur weil unsere Fans laut schreien."

Stöger: Die Fans sind ein großer Mosaikstein des Ganzen, wenn nicht der Größte. Sie sorgen für phantastische Stimmung, erzeugen aber auch einen enormen Druck auf das ganze Team, damit muss man erstmal umgehen lernen, damit sich das im Spiel auch positiv auswirkt.

derStandard.at: Wäre der Schritt in die Regionalliga-West sportlich wie wirtschaftlich eine neue Dimension?

Stöger: Die Regionalliga kommt für uns nicht überraschend. Wir haben uns wirtschaftlich wie sportlich auf die Westliga vorbereitet. Mit unserem jetzigen Kader würden wir dort irgendwo zwischen dem vierten und dem achten Platz landen.

"Lokvenc würde vom Typ her zu uns passen"

derStandard.at: Trainer Emich bestätigte Gespräche mit Vratislav Lokvenc, (der 36-jährige Tscheche wohnt mittlerweile in Salzburg ). Wie weit sind die Verhandlungen bereits fortgeschritten?

Stöger: Es sind gute Gespräche am Laufen. Lokvenc würde vom Typ her zu uns passen. Aber es muss klar sein, bei uns ist die Mannschaft der Star. Für mich ist es ein Kompliment, dass sich ehemalige Nationalspieler jetzt schon für uns interessieren. Lokvenc ist noch voll fit, er muss sich aber die Frage stellen: Will ich mir das mit 36 Jahren noch antun?

"Nicht Austria gegen Rapid"

derStandard.at: In der West-Liga könnte es das erste Aufeinandertreffen mit Red Bull (Juniors müssen aus ADEG-Liga absteigen, Anm. d. Red.) geben. Ein Spiel wie jedes andere?

Stöger: Sportlich gesehen ein ganz normales Fußballspiel. Aber im Stadion werden sicher 75 Prozent der Zuschauer mit den Farben Violett-Weiß sympathisieren und alle Red Bull-Spieler sich wünschen, bei unserem Verein, der Austria Salzburg, zu spielen. Es ist nicht Austria Wien gegen Rapid, einen passenden Vergleich zu dieser Begegnung gibt es nicht. Man muss aber bedenken, dass dies "nur" die 2. Mannschaft von Red Bull ist.

"Ich träume von einem Stadion wie in Ried"

derStandard.at: Der Zuschauerschnitt bei Heimspielen liegt bei 1600 Fans. Ist das violett-weiße Potenzial damit erschöpft?

Stöger: Nein, ich denke, die Austria kann auch vor fünf, sechs oder siebentausend Zuschauern spielen. Aber unsere derzeitige Stadion-Situation lässt leider nicht mehr zu.

derStandard.at: Bei der Austria wird bereits über neue Tribünen auf der Maxglaner Anlage nachgedacht. Was tut sich da in nächster Zeit?

Stöger: Wir prüfen zur Zeit die Möglichkeiten. Unser Ziel ist es in Maxglan Regionalliga vor ca. 3000 Fans zu spielen. Jetzt ist auch die Politik gefordert, das zu unterstützen. Ich kenne kaum einen anderen Landesligaverein, der für seinen Sportplatz der Stadt Miete zahlen muss. Das Stadion in Maxglan ist im derzeitigen Zustand nicht Bundesliga-tauglich. Wir haben aber in der Stadt Salzburg noch ein Ausweichziel, wo wir ein neues Stadion bauen könnten. Ich träume von einem Stadion wie in Ried.

derStandard.at: Sportliche Rückschläge hat es bisher noch keine gegeben. Würde eine Stagnation in der Salzburger Landesliga dem Projekt den Wind aus den Segeln nehmen?

Stöger: Ein wenig schon, aber wir haben von Beginn an mit einer Ehrenrunde gerechnet. Die Leute, die bei uns Bier und Würstel verkaufen, bekommen oft von den Spielen gar nichts mit, weil sie voll eingespannt sind. Diese Menschen unterstützen uns nicht nur wegen der sportlichen Leistung, sondern wegen des gemeinsamen Weges. 

"Wir haben zwei Hausverbote verhängt"

derStandard.at: Beim Auswärtsspiel gegen den FC Pinzgau Saalfelden gabs nicht nur die erste Saisonniederlage, sondern nach einem versuchten Platzsturm auch die ersten Hausverbote!

Stöger: Die Ausschreitungen in Saalfelden waren das Zusammenspiel von unglücklichen Zufällen. Warum musste das Tor der Saalfelder direkt vor unserer Fantribüne fallen, warum musste der Spieler unsere Fans provozieren, aber "schwarze Schafe" gibt es leider auch unter unseren Fans. Wir haben zwei Hausverbote verhängt. Der Großteil unserer Fans hat sich für diesen Schritt ausgesprochen, wir müssen deutliche Zeichen setzen. Aber ich warne vor Pauschalierungen der Austria Fans als gewalttätig.

"Wir würden auch einen Mäzen nehmen"

derStandard.at: Obmann Gernot Blaikner meinte in einem Interview: "Vom Verkauf von Würstln und Bier bei den Heimspielen können wir keinen Spielbetrieb finanzieren." War das nicht einer der Gründungsgedanken des selbst titulierten "Fanvereins"?

Stöger: Wir müssen uns die Frage stellen, was wir wirklich wollen? Wo wollen wir hin? In unserem Verein gibt es Leute, die sagen, dass ihnen die Landesliga genüge. Andere wollen in die Bundesliga. Im Profifußball kommt man mit Würstel und Bier allein nicht weit. Wir würden auch einen fußballverrückten Mäzen nehmen, wenn er den Sonderstatus unseres Vereins respektiert.

derStandard.at: Hat die anfängliche Gründungsphilosophie mit dem rasanten Fortschritt des Fußballvereins nicht ganz Schritt gehalten?

Stöger: Wir wollen in die Bundesliga, aber nicht unter allen Bedingungen. Ein Ried im Kleinformat ist meine Vision. Keine Kamikaze-Aktionen in der Ersten Liga und keine Stronach-Millionen wie bei der Wiener Austria. Wir wollen Kontinuität. Austria Salzburg soll kein Kartenhaus sein, das beim ersten Windstoß zusammenfällt.

derStandard.at: Der Name und die Farben sind per Statuten geschützt, was bleibt da noch zum Vermarkten?

Stöger: Fußball bei gewissen Vereinen und in gewissen Ligen ist Unternehmen. Wichtig ist, dass das Spiel, die sportliche Begegnung immer im Vordergrund steht. Wir veranstalten Turniere, Adventabende und vieles mehr. Unsere Heimspiele sollen kleine Stadtfeste sein, die jeder Besucher mit einem 'Aha-Erlebnis' verlässt.

derStandard.at: Können Sie Mutmaßungen, die Austria sei der Liga-Krösus des Unterhauses, zurückweisen?

Stöger: Neid kann man sich nicht kaufen. Es steht jedem Verein offen, unseren Weg zu gehen. Wir haben ganz unten begonnen und uns nirgendwo eingekauft.

derStandard.at: Gegen wen möchten Sie in fünf Jahren mit Austria Salzburg spielen?

Stöger: Rapid, das ist Tradition, Kult und Emotion - ein Spiel, der besonderen Art!

(Simon Hirt, Harald Saller, derStandard.at, 1. Dezember. 2009)