Christopher Davidson

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Der Ökonom und Politologe Christopher Davidson warnte bereits Anfang 2008 vor einem Crash in Dubai. Der entscheidende Fehler des Emirates sei gewesen, nicht rechtzeitig in Bildung und Forschung zu investieren, sagte er András Szigetvari.

STANDARD: Was bedeutet die Pleite der staatlichen Holdinggesellschaft Dubai World? Das Unternehmen hat 60 Milliarden Dollar Schulden.

Davidson: Wir erleben gerade das Ende eines Wachstumsmodells, das ausschließlich auf ausländischen Direktinvestitionen, Luxustourismus und Immobilienentwicklung basierte. Das Modell Dubai hat jeden Respekt verloren.

STANDARD: Warum ist es zum Crash gekommen?

Davidson: Dubai hat in den 70er- Jahren begonnen, seine Abhängigkeit vom Erdölexport zu reduzieren. Die Investitionen in den Tourismus und in den Immobiliensektor haben das Land aber noch verletzlicher gegenüber äußerenSchocks gemacht. Historisch betrachtet war Dubai wegen seiner Lage zwischen Ost und West immer schon ein sehr erfolgreicher Transferhafen für alle möglichen Güter und Geld. Doch in den vergangenen zehn Jahren hat Dubai versucht, von dieser Rolle als Handelsstadt wegzukommen. Die Scheichs wollten das Geld binden. Große Wüstenstädte hatten in der Geschichte aber nie langen Bestand. Und auch Dubais Versuch, den Gang der Geschichte zu ändern und eine Metropole zu werden, hat nicht funktioniert.

STANDARD: Aber was sind die Lehren: Dubai ging das Öl aus, es musste seine Abhängigkeit vom Rohstoffexport reduzieren?

Davidson: Dubai hätte von Beginn an ein nachhaltigeres Wachstumsmodell verfolgen müssen. Wie in Hongkong und Singapur wären massive Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in die Universitäten notwendig gewesen. Das Emirat hat sich damit aber nie aufgehalten.

STANDARD: Welche Konsequenzen hat die Pleite von Dubai World für das Land, welche für die Region?

Davidson: Für Dubai ist es ein enormer Schock. Es bedeutend die Destabilisierung der Regierung und der Herrscherfamilie. Dubai World ist ein staatliches Unternehmen, es ist also der Staat, der die Schulden nicht bedienen kann. Es ist also der Staat, der da pleitegeht. Für die Region, insbesondere Katar, AbuDhabi, Oman sehe ich auch positive Effekte. Die Golfstaaten wurden gedrängt, dem Modell Dubai zu folgen. Dieser Druck dürfte jetzt wegfallen. DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.12.2009)