Wenn der Wiener Bürgermeister Häupl demnächst die Leute fragen wird, ob sie ihre Hausmeister zurückhaben wollen, wird eine Riesenmehrheit Ja sagen. Schüssel hat die Hausmeister abgeschafft, Häupl will sie zurückholen. Das Ganze ist ein Schachzug gegen H.-C. Straches Antiausländerkampagne im Gemeindebau, aber nicht nur. Der Wiener Hausmeister ist ein Mythos. Er verkörpert Recht und Ordnung, Obrigkeit und Untertanengeist, er kann bei Bedarf Polizeispitzel sein, aber auch wohlwollende Vaterfigur. Er ist ein Stück Wien und er hat den Wienern in den letzten Jahren sehr gefehlt.

Nicht überall gibt es Hausmeister. In Paris heißt er concièrge und ist traditionellerweise eine Frau. Die concièrge, in vielen Romanen verewigt, sitzt strickend in ihrer Loge und weiß alles über die Hausbewohner. Budapest, nicht umsonst lange Zeit ein Teil der österreichisch-ungarischen Welt, kennt den hazmester, einen so mächtigen Mann, dass er früher einen vicehazmester beschäftigen konnte. Dieser übernahm die wirkliche Arbeit wie etwa das Stiegenwaschen, während der hazmester sich auf seine Aufgaben als geistiges Oberhaupt des Hauses konzentrieren konnte.

Der Hausmeister in dem Haus, in dem ich in jungen Jahren wohnte, war eine respektgebietende Persönlichkeit, vor dem wir uns alle insgeheim ein wenig fürchteten. Kerzengerade stand er tagein, tagaus vor seinem blitzblank aufgeräumten Loch von Wohnung, ein lebendes Lexikon über alles, was in der ganzen Straße vorging, streng, aber gerecht. In meinem jetzigen Wohnhaus hat die Hausmeisterin erst vor kurzem ihren Posten in Richtung Pension verlassen, lebhaft betrauert von allen Hausparteien. Sie war der gute Geist des Hauses, hatte Post übernommen, in Abwesenheit des Mieters auf die Wohnung geschaut, auf Wunsch ihren Mann zu kleineren Reparaturen losgeschickt und war für die einsamen alten Damen im Hause eine mitfühlende Gesprächspartnerin gewesen. Die Leute von der Reinigungsfirma, die jetzt einmal in der Woche das Stiegenhaus putzen, können sie in keiner Weise ersetzen.

Und jetzt sollen die Hausmeister also wieder zurückkommen. Sie werden wohl vor allem in den Gemeindebauten tätig werden, wo seit Jahr und Tag die Konflikte zwischen Stammbewohnern und sogenannten Ausländern eskalieren. Wenn es nach Häupl geht, soll der "Hausmeister neu" wohl so etwas wie eine Mischung aus Blockwart und Psychiater sein. Er soll Streitigkeiten schlichten, zwischen verschiedenen Kulturen vermitteln, Anprechpartner für alle Unzufriedenen sein und aufpassen, dass alle ordentlich den Müll trennen und keinen Lärm machen. Wenn ihm das gelingt, hätte er sich Ruhm und Ehre verdient. Übrigens, das Wort Hausmeister war für die Gemeindebau-Ordnungshüter schon vor deren Abschaffung verpönt. Hausmeister klang zu proletarisch, man bevorzugte die Bezeichnung Hauswart. Wirklich durchgesetzt hat diese sich freilich nie.

Michael Häupl hat mit seiner Umfrage dem altehrwürdigen Begriff Hausmeister wieder zu seinem Recht verholfen. Wenn die Sache Erfolg hat, könnte der Bürgermeister für sich den Ehrentitel oberster Wiener Hausmeister beanspruchen. (Barbara Coudenhove-Kalergi/DER STANDARD-Printausgabe, 1.12.2009)