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So ungefähr könnte es in der Hamburger Nordbank-Arena ausschauen. Aber vielleicht auch ein bisserl anders.

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Hamburg - Gernot Lechner ist einer von ungefähr 8000, die genaue Zahl lässt sich schwer schätzen. Was aber fix ist: Lechner ist der einzige Bürgermeister aus dem niederösterreichischen Winklarn, der in Hamburg weilt. Der Mann, ein ÖVPler, trägt einen grün-weiß-gestreiften Bademantel. Nicht im Schwimmbad, sondern auf offener Straße und im Stadion. Er zeigt sein Herz auf eine interessante Art, toll ist der Anblick nicht, aber das ist seinen Wählern in Winklarn wurscht.

Auf die Idee mit dem Mantel ist er 1995 in Lissabon gekommen, da kickte Rapid gegen das ebenfalls grün-weiße Sporting, und ein Portugiese hatte so einen Fetzen an. Lechner begab sich auf die Suche nach genau so einem Stück, das erinnerte ihn zunächst an die Stecknadel im Heuhaufen, aber irgendwann und irgendwo wurde er doch fündig, nicht in Winklarn. "Der Mantel dient auch als Sitzpolster, er ist bequem und ein Glücksbringer." Der Bürgermeister trägt ihn bei fast jedem Spiel, die Betonung liegt auf "fast" . "Denn immer kann man kein Glück haben." Lechner geht davon aus, dass Rapid den HSV 2:0 schlägt. "Vielleicht."

Vielleicht aber auch nicht. Der Begleitschutz ist jedenfalls gewaltig. Es grenzt fast an Perversion, dass so viele Menschen unter der Woche in die Ferne schweifen. Der Klub charterte zehn Flugzeuge und acht Busse, der große Rest plante individuell. Die Flieger landeten und starten im 160 km entfernten Hannover, Rapids Einfluss reichte nicht aus, um das Nachtflugverbot in Hamburg abzuschaffen. Die Mannschaft flog Linie bis Hamburg und fliegt am Donnerstag untertags heim, ein bisserl Luxus sei dem Fußballer vergönnt. Verteidiger Ragnvald Soma verblüfft diese Zuneigung. "Einmalig."

Zum Auftakt der Europa League wurde der HSV 3:0 deklassiert, es folgte ein 1:1 in Glasgow, danach ging es bergab. 1:5 und 0:3 gegen Hapoel. Die Ausgangslage ist rasch erklärt: Verliert Rapid, ist der Aufstieg verpasst. Bei einem Remis wäre man auf fremde Hilfe angewiesen, Rapid müsste am 17. Dezember Celtic schlagen, der HSV dürfte in Israel nicht punkten. Ein Sieg in Hamburg würde das Türl weit öffnen. Soma sagt, dass man versuchen müsse, die Deutschen "von unserem Tor fernzuhalten. Denn auf unsere Offensive ist Verlass." Trainer Peter Pacult beließ es bei einem "Wir müssen alle Kräfte bündeln". Kapitän Steffen Hofmann wiederum betonte, "dass an einem guten Tag alles möglich ist. Fußballspiele werden auch im Kopf entscheiden."

Rapids Brust ist breit, die Ligaspitze ist erklommen. Die Vorderfront des HSV, der dennoch zu favorisieren ist, ist schmal. Wer sechsmal hintereinander nicht gewinnt, sogar von Bayern überholt wird, schreit nicht Hurra. Der Antilauf ist zu erklären, Trainer Bruno Labbadia muss seit Wochen viele Stammspieler vorgeben. Ze Roberto, Pitroipa, Silva, Guerrero, Castelen, Benjamin, Reinhardt und Rozehnal fehlen sicher. Elia und Petric sind nur fraglich.

Bürgermeister Gernot Lechner hatte den Bademantel beim 1:5 gegen Hapoel nicht an. Beim 0:3 schon. Beim 3:0 über den HSV auch. Also was jetzt? (Christian Hackl aus Hamburg - DER STANDARD PRINTAUSGABE 2.12. 2009)