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Aus welcher Perspektive Schüler die EU sehen, hängt auch von den Lehrbüchern ab. Hier herrscht Verbesserungsbedarf.
Salzburg - Welches Bild der Europäischen Union wird Schülern in der Hauptschule oder in der Unterstufe des Gymnasiums in den Geschichtsbüchern vermittelt? "Es handelt sich um tendenziell negativ gelagerte Weltbilder zur EU", fasst der Vizerektor der Pädagogischen Hochschule in Salzburg, Christoph Kühberger, eine an der Hochschule durchgeführte Untersuchung zusammen.
Im Standard-Gespräch nennt Kühberger Beispiele. So werde etwa rund um die Darstellung der "EU-Sanktionen" gegen Österreich kritisiert, dass "immer mehr" Kompetenzen der nationalen Regierungen an die EU abgegeben würden, was diese wiederum in der Ausübung ihrer "nationalen Souveränität" einschränke. Ebenfalls nicht besonders gut kommt die Osterweiterung weg. Diese habe nach der Diktion eines Lehrwerkes zur Folge, dass "politische Entscheidungen zu langsam erfolgen" und "die Förderungen der Landwirtschaft auf Dauer nicht finanzierbar sind".
Kühberger will zwar nicht von einer "Anti-EU-Propaganda" sprechen, hält aber fest, dass in den Geschichtsbüchern fast durchgängig die Auseinandersetzung mit "unterschiedlichen Positionen" zum Thema EU fehle. Es handle sich oftmals "um Verstrickungen von Kontexten, die auf den ersten Blick ausgewogen wirken, gleichzeitig jedoch nur eine Position stark machen". In deutschen Büchern etwa wäre der Anteil von negativen Darstellungen der Union weitaus geringer. Extrem ist Polen: Hier würden Probleme ausgeklammert und die EU nur positiv dargestellt.
Der Rückschluss, dass die EU-Skepsis in Österreich auch etwas mit dem Inhalt der Geschichtsbücher zu tun haben könnte, ist für Kühberger nicht zulässig. Die Lehrbücher würden einfach in einer politischen Kultur entstehen und diese abbilden.
Das zentrale Gebot des Lernens von Zeitgeschichte - "Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen" - werde nicht befolgt, so die Kritik Kühbergers. Er empfiehlt gemeinsam mit den anderen Autoren der Studie, dass die Lehrwerke vor der Freigabe einer genaueren "fachdidaktischen Prüfung" durch das Unterrichtsministerium unterzogen werden. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, Printausgabe, 2.12.2009)