Die traurige Wahrheit lautet: Selbst mit der besten Regierung der Welt würde die Zahl der Arbeitslosen in Österreich weiter steigen, Monat für Monat. Darum wäre es verfehlt, Rot-Schwarz (dieses war allerdings nicht mit der besten Regierung der Welt gemeint) für jeden zusätzlichen Jobsuchenden verantwortlich zu machen, wie das die Opposition zum Teil tut. Im Bereich der Arbeitsmarktpolitik hat die Regierung solides Handwerk gezeigt. Viel mehr kann man mitten in der Krise auch nicht tun.

Daraus sollte man aber nicht den Schluss ziehen, dass man sich gemütlich zurücklehnen kann. Jetzt geht es darum, sich auf die nächste Krise - und die wird bestimmt kommen - vorzubereiten. Dabei geht es aber keineswegs nur um klassische Arbeitsmarktpolitik.

Die Vergangenheit hat gezeigt: Es ist von Nachteil, wenn die Volkswirtschaft zu stark auf wenige Wirtschaftszweige ausgerichtet ist. Jeder Landespolitiker freute sich zwar, wenn er wieder einen Teil eines Autoclusters eröffnen durfte, jetzt gehen aber genau dort die Jobs verloren. Und viele davon werden nach der Krise nicht wiederkommen, weil die Produktionskapazitäten der letzten Jahre schlichtweg nicht mehr benötigt werden. Die Wirtschaft muss also möglichst breit aufgestellt werden. Gerade im Bereich neuer Technologien gibt es genug Potenzial.

Die Wirtschaftskrise hat aber auch verdeutlicht, wie wichtig die Bildungspolitik ist. Je besser junge Leute ausgebildet sind, desto besser sind sie für den Arbeitsmarkt gerüstet. Allmählich sickert das auch bei der ÖVP durch. Noch hat Parteichef Josef Pröll aber nicht all seine Parteikollegen davon überzeugt, dass unser Bildungssystem nicht das allerbeste ist.

Aber auch im Bereich der Weiterbildung kann noch einiges getan werden. Es war ein Fehler, bei der Kurzarbeit auf die Verknüpfung mit Weiterbildung zu verzichten. Kaum jemand nutzt die gewonnene Freizeit, um Kurse zu besuchen. Läuft die Kurzarbeit aus, sind diese Menschen wahrscheinlich die ersten, die ihren Job loswerden.

Es ist positiv, dass man sich nun Gedanken macht, wie man auch für kleinere und mittlere Betriebe Kurzarbeits-modelle anbieten könnte. Sie waren mit den bestehenden Regeln oft überfordert. Die Frage ist aber, ob der Wunsch nach monatelangem Kündigungsschutz nach der Kurzarbeit zeitgemäß ist. Hier wird wohl auch die Gewerkschaft über ihren Schatten springen müssen. Sonst erreicht sie das Gegenteil von ihrem Ziel - nämlich sofortigen Jobabbau.

Ähnlich verhält es sich mit der Debatte in Sachen Überstunden. Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat vor Monaten vorgerechnet, dass 84.000 Jobs geschaffen werden könnten, wenn die Österreicher nur mehr so viel arbeiten würden wie die Dänen. Unabhängig davon, ob diese Zahl für bare Münze genommen werden kann, ist der Vorschlag interessant. Sein Gewerkschaftsfreund Rainer Wimmer von der neuen Produktionsgewerkschaft schloss zuletzt aber eine Kürzung der Überstundenzuschläge kategorisch aus. Wenn es der Minister ernst meint, muss er also zuerst bei seinen früheren Gewerkschaftskollegen Überzeugungsarbeit leisten.

Auf die Pensionsdebatte soll hier schon gar nicht mehr in aller Ausführlichkeit eingegangen werden. Nur so viel: Durch unser frühes Antrittsalter wird zwar die Arbeitslosenstatistik entlastet, das Sozialsystem als Ganzes aber nicht. Theoretische Überlegungen zur Vermeidung von Invalidität gibt es seit Jahren. Passiert ist noch wenig. Was wurde eigentlich aus Hundstorfers Arbeitsgruppen zu dem Thema?

Es wird Zeit, vom Reagieren ins Agieren zu kommen. Auch gegen Widerstände in den eigenen Reihen - und die gibt es sowohl bei SPÖ als auch ÖVP zur Genüge. (Günther Oswald, DER STANDARD, Printausgabe, 2.12.2009)