Hamburg - Die Schweizer Regierung hat nach eigener Darstellung die Ängste der Bevölkerung im Zusammenhang mit der Abstimmung über ein Minarettverbot unterschätzt. Das sagte die Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit". Das überraschende Abstimmungsergebnis mit der hohen Zustimmung für ein Verbot hänge mit der Angst vor dem Unbekannten in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zusammen.

"Das Ja zur Minarett-Initiative ist aber nicht gegen die muslimische Gemeinschaft in der Schweiz gerichtet, sondern eher ein Alarmsignal an die Adresse des Bundesrats (der Regierung)", sagte die Ministerin.

Kritik an SVP

Scharf griff Calmy-Rey die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) an, die die Abstimmung mit initiiert hatte. Die öffentliche Diskussion sei "durch falsche Behauptungen getrübt" worden. "Die Initiative wurde von einer politischen Partei instrumentalisiert, welche in der Regierungsverantwortung steht. Dies ist inakzeptabel", sagte die Genferin, die der Sozialdemokratischen Partei (SP) angehört. Der Kanton Genf gehörte zu den wenigen Kantonen, in denen ein Verbot des Neubaus von Minaretten am vergangenen Sonntag abgelehnt wurde.

Zwar sei nun der Bau neuer Minarette untersagt, nicht aber die Einrichtung neuer Moscheen, sagte die Ministerin. Die muslimische Gemeinschaft sei in der Schweiz gut integriert und werde die 200 Moscheen des Landes wie bisher besuchen können. "Auf einem anderen Blatt steht, was passiert, falls der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte feststellen sollte, dass die Bestimmung die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt." (APA)