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Der Welttoilettentag ist nur einer unter vielen Gedenktagen im Jahr. Am 21. November 2009 soll er auf den Mängel an sanitären Einrichtungen in Entwicklungsländern aufmerksam machen

Foto: APA/Franka Bruns

1947 war ein denkwürdiges Jahr. Der 24. Oktober wurde dazumals von den Vereinten Nationen zum ersten Welttag auserkoren und seither als Internationaler Tag zur Information über Entwicklungsfragen gefeiert. Ein Tag pro Jahr, der dazu dient die Weltöffentlichkeit auf globale Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen und aufruft Lösungsmodelle zu erarbeiten.

72 Jahre später feiern die Vereinten Nationen und sämtliche Unterorganisationen bereits mehr als 70 Welttage jährlich und verschaffen sich in nicht allzu ferner Zukunft vielleicht schon täglich weltweit Gehör.

Jeder Tag kann ein Welttag sein

Ob die Idee hinter jedem einzelnen Welttag ihr Ziel auch erreicht, sei vorerst dahingestellt. Fakt ist jedoch, die ganze Welt wurde zumindest von der Idee der Gründung eines Welttages erfasst. Unzählige Organisationen, Interessensgruppen und PR-Agenturen tun es deshalb der UN heute gleich. So hat die Welttoilettenorganisation den 19. November beispielsweise zum Welttoilettentag gemacht, der Welt-Kaufnixtag wurde 1992 von einer kanadischen Medien- und Werbeagentur initiiert und wird seitdem am letzten Samstag im November zelebriert. Und nicht nur jeder noch so kleine Mini-Verband ist mittlerweile auf den Geschmack gekommen. Im Prinzip kann es und tut es auch der Einzelne schon.

„Es gibt kein Weltgesetz, dass irgendjemandem verbietet einen Welttag auszurufen", weiß Michael F. Pfeifer, Generalsekretär der Österreichischen Liga für die Vereinten Nationen. So getan auch die britische Autorin Mary Evans Young, als sie 1992 den 6. Mai zum Welt-Anti-Diät Tag ernannte. Ihre redlichen Absichten seien an dieser Stelle nicht in Abrede gestellt. Ihr Kampf gegen Hungerkuren und Diätprogramme mögen also durchaus Sinn machen. Wie viele Menschen sie mit ihrem Anliegen auf diesem Weg auch erreicht, bleibt offen.

Gedränge im Kalender

Nur, darum geht es doch im Grunde: Einmal im Jahr die Aufmerksamkeit der Weltbevölkerung auf ein wichtiges Thema lenken und möglichst viele Menschen zu mehr Engagement motivieren. Das dichte Gedränge im Kalender der Welttage macht dieses Bestreben jedoch mittlerweile eher unwahrscheinlich. Das Interesse am Einzelereignis verschwindet langsam aber sicher in der Masse an Welttagen. Auch Mary Evans Young ist der 6. Mai nicht vorbehalten geblieben. An diesem Tag wird unter anderem auch der Welttag der geistlichen Berufe gefeiert und am Tag davor tut sich noch viel mehr: Europagedenktag, Tag des herzkranken Kindes, Internationaler Hebammentag und Weltasthmatag finden sich am fünften Tag im Mai wieder.

„Die UNO könnte eine Empfehlung herausgeben, auf das Ausrufen dieser oder jener Tage zugunsten der UN-Tage zu verzichten", lautet Pfeifers Vorschlag die Liste der Welttage zumindest auf dem jetzigen Niveau zu halten. Wozu, stellt sich der Einzelne hier aber die Frage, wo doch die UN selbst nicht nur 70 Welttage, sondern darüber hinaus auch noch ganze Weltwochen, Weltjahre und Weltdekaden anzubieten hat.

Kartoffeljahr und rote Schleifen

Einige davon haben es dabei schon recht weit ins Rampenlicht geschafft: Der 1. Dezember zum Beispiel ist vielen Menschen als Weltaidstag längst ein Begriff. Mit Galas und roten Schleifen hat man über Jahre hinweg diesem Tag bereits nachhaltig Glanz verliehen. „Das Jahr 2008 war das internationale Jahr der Kartoffel. Das war schon ein bisschen übertrieben",
zeigt sich jedoch auch Pfeifer manchen UN-Tagen beziehungsweise Jahren durchaus kritisch gegenüber. Gezieltes Lobbying steckt hinter solch kreativen Auswüchsen. Ob diese Form der öffentlichen Einflussnahme moralisch einwandfrei ist und als sich als Mittel zur globalen Interessensvertretung eignet, darüber lässt sich freilich weiter streiten. (Regina Philipp, derStandard.at, )