Einen Monat lang, von Anfang November bis zum vergangenen Freitag, haben Russen und Amerikaner in Genf über Raketen und Atomsprengköpfe verhandelt. Thema und Kulisse erinnern an die früheren 1980er-Jahre. Damals verhandelten Abrüstungsexperten beider Großmächte in Genf, um die Aufstellung von Mittelstreckenraketen in Europa abzuwenden - als sie einen Kompromiss gefunden hatten, wurden sie von ihren Regierungen zurückgepfiffen.

Paul Nitze und Julij Kwitzinski trafen sich am 16. Juli 1982 in einem Landgasthaus bei Saint-Cergue am Genfer See. Monatelange Gespräche über einen Vertrag zur Begrenzung von Mittelstreckenraketen waren vorausgegangen, in Westeuropa schwoll die Friedensbewegung an.

Nach dem Essen machten die Unterhändler einen Spaziergang durch den Wald. Nitze zog ein Papier aus der Tasche, auf dem er seinen Kompromissvorschlag notiert hatte, Kwizinski machte einige Änderungen. Heraus kam: Die USA verzichten auf die Stationierung der Pershing-II-Raketen, wenn die Sowjetunion die Zahl ihrer auf Westeuropa gerichteten SS-20 auf 75 beschränkt; 75 "Tomahawk"-Marschflugkörper würden die USA dann aufstellen. Moskau und Washington lehnten jedoch ab. (mab/DER STANDARD, Printausgabe, 7.12.2009)