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Ruth Elsner: "Es ist eine Riesenschweinerei."

Foto: Reuters/Heinz-Peter Bader

Seit knapp drei Jahren sitzt Helmut Elsner (75) in U-Haft, zwei Mal wird er in dieser Zeit am Herzen operiert, zwölf Anträge auf Enthaftung auf Kaution werden abgelehnt, sein Vermögen ist beschlagnahmt. Der Kaufvertrag des Penthouses wird gerichtlich für ungültig erklärt. Heute, am Tag der Menschenrechte, so Elmar Kresbach, Rechtsanwalt des Ex-Bawag-Chefs, wolle er mit Kollegen Wolfgang Schubert und Elsner-Ehefrau Ruth mit einen "Hilfeschrei" an die Öffentlichkeit gehen.

"Wenn mein Mann nicht bald aus der Haft frei kommt, können Sie gleich den Sarg in die Josefstadt schicken", so Ruth Elsner. Und weiter: "Was hier passiert, ist eine Riesenschweinerei, die auf dem Rücken meines Mannes ausgetragen wird." Drei unabhängige Gutachten sollen den lebensbedrohlichen Gesundheitszustand ihres Mannes bestätigten, mehr noch: "Es ist ein Trauerspiel. Bei meinem Ehemann legt man es offensichtlich darauf an, dass er in diesem Loch stirbt." Schubert, mit Nachdruck: "Es läuft daraus hinaus, dass bei Helmut Elsner die Todesstrafe vollzogen wird."

Für Kresbach ist die Causa Elsner ein "für Österreich einzigartiger Fall", ein "Kuriosum" stelle auch die Rolle der damaligen Hauptrichterin Claudia Bandion-Ortner dar, die Elsner im Bawag-Hauptprozess zu einer Haftstrafe von neuneinhalb Jahren verurteilte (nicht rechtskräftig), sowie das Treiben des Staatsanwaltes Georg Krakow. Elsner war demnach einerseits Opfer des politschen Wahlkampfes. So soll für die SPÖ ein "Bauernopfer" gerade rechtzeitig auf der Bildfläche erschienen sein. Der Anwalt stützt sich bei dieser Behauptung auf den ehemaligen Pressesprecher von Alfred Gusenbauer, Stefan Pöttler, und zitiert diesen mit einer Wortspende für das Buch 'Wahl 2008 - Strategien, Sieger, Sensationen": "Die Bawag-Affäre hat ihn (Gusenbauer, Anm.) gerettet."

"Husch-Pfusch-Aktion"

Während der Bawag-Prozess mit der gewichtigen Aktenfülle von 220.000 Seiten in einem dreiviertel Jahr in einer "Husch-Pfusch-Aktion" durchgepeitscht worden sei, hätte zudem niemand die Zeit gehabt, die Rolle des Investmentbankers Wolfgang Flöttl ausreichend zu durchleuchten, so Wolfgang Schubert. Immerhin versenkte Flöttl in wenigen Jahren an die 900 Millionen Euro an Bawag-Geldern. "Warum interessierte sich bis heute niemand für den Verbleib des Geldes? Wie realistisch ist es, dass jedes von Flöttl getätigte Trading zu einem Totalverlust führte? Gibt es etwas zu verheimlichen?", lauten demnach nur einige der vielen Fragen der Sachverhaltsdarstellung, die heute der Staatsanwaltschaft Graz und der Korruptionsanwaltschaft Wien zugestellt wurde. In der Causa Flöttl wollen Schubert und Kresbach die Staatsanwaltschaft in den USA und eventuell auch das FBI einschalten.

Ziel sei es, Fehlleistungen der im Prozess beteiligten Justizorgane und nicht wenige "seltsame Dinge" (Schubert) aufzuklären. Warum etwa wurde ein Haftantrag für Flöttl zwei Mal abgelehnt? Offizielle Begründung unter anderem: Es gebe keine Verdunkelungs- und keine Fluchtgefahr trotz Wohnsitzes im Ausland. "Dinge, die bei meinem Mann sehr wohl zum Tragen gekommen sind", protestiert Ruth Elsner. "Warum", so Kresbach, "wurden sämtliche Kontobewegungen Elsners rückverfolgt, während Flöttls Konten unkontrolliert blieben?" Darüber hinaus gebe es bei Elsner nicht die geringste Fluchtgefahr.

"Sadistische Ader"

Kresbach: "Der Mann ist lebensbedrohlich krank, er ist unter ständiger kardiologischer Beobachtung, leidet neuerdings auch an einer Nierenfunktionsstörung, steht unter enormem emotionalen Stress und ist täglich auf Medikamente angewiesen. Soll er mit seiner e-Card die Flucht antreten?" Eine Haftverlängerung würde deswegen den Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung erfüllen. Heute soll erneut ein Antrag auf Enthaftung eingebracht werden. Sollte der zuständige Richter, Christian Böhm, ihn erneut ablehnen, könne man sich eine Anzeige vorstellen. Kresbach: "Böhm tut nichts, außer brüten." Und Elsner schießt nach: "Entweder er hat eine sadistische Ader, ist dem Ganzen intellektuell nicht gewachsen oder er ist bösartig." Hintergrund: Für einen Untersuchungshäftling gilt keine Haftvollzugsunfähigkeit.

Kresbach: "Ein Richter hat schließlich auch eine Fürsorgepflicht für den Häftling." Auch hier hakt Ehefrau Ruth ein: "Ich denke Tag und Nacht an nichts anderes. Wir leben ja nicht im Kongo, wo irgendwelche Sadisten die Gesetze machen. Fragt mich heute jemand, ob ich Österreicherin bin, würde ich 'nein' sagen. Ich bin Europäerin. Hierzulande werden Menschenrechte mit Füßen getreten."

Eine nicht unwesentliche Rolle hätten auch die Medien vor Prozessauftakt gespielt. Elsner: "Indem über das Wasserbett meines Mannes oder die Pinkelgewohnheiten meines Hundes berichtet wurde, fand die Vorverurteilung schon statt." Und weiter: "Für meinen Mann gibt es nicht die geringsten Hafterleichterungen, selbst die Zusage der Richterin, er käme frei, wenn wir die Kaution auf zwei Millionen Euro aufstockten, hat diese in einem Anfall von Alzheimer wieder vergessen."

Schubert fasst zusammen: "Helmut Elsner muss sofort freigelassen werden." Auf derStandard.at-Anfrage, ob sie glaube, Weihnachten bereits mit ihrem Mann verbringen zu können, lächelt Rut Elsner. "Ich glaube ganz fest daran." (Sigrid Schamall, derStandard.at, 10.12.2009)