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Anton Innauer sorgt sich um die Gesundheit der Springer.

APA - FOTO: ROBERT PARIGGER

Innsbruck - Auch wenige Tage nach dem Sturz von Gregor Schlierenzauer bei zu langem Anlauf und einer Weite von 150,5 Metern in Lillehammer haben sich die Wogen und der Ärger im ÖSV über zu zaghafte bzw. gar nicht erfolgte Juryentscheidungen nicht geglättet. Im Gegenteil. Der Nordische Direktor für Skispringen und Kombination, Toni Innauer, hat sich am Freitag in einem Offenen Brief direkt an FIS-Präsident Gian Franco Kasper gewandt und auf die Gefahren nicht nur für Schlierenzauer, sondern für alle Sportler hingewiesen.

Für Schlierenzauer war ja der glimpflich verlaufene Sturz nach zu viel Anlauf nicht der erste, sondern der insgesamt vierte inklusive der vergangenen Saison. 2008/09 hatte Schlierenzauer als Überflieger der Saison drei weitere Schreckmomente auf dem Kulm, in Vikersund und bei der Generalprobe für die Olympischen Spiele im Olympic Parc bei Whistler. "Ich fühle mich um 35 und mehr Jahre zurück versetzt, als der Schweizer Überflieger Walter Steiner durch überlange Anlaufwahl mehrfach zu Sturz und um den Sieg gebracht wurde", erinnert sich Innauer u.a. in seinem Brief an Kasper.

Die Schwerpunktsetzung und Gewichtung der Juryentscheidungsgrundlagen scheine zunehmend die Gefährdung der Gesundheit einzelner Sportler in Kauf zu nehmen, so Innauer. Lediglich der Technische Delegierte Sandro Pertile (ITA) habe nach dem Bewerb am Montag als einziger die Größe bewiesen, sich nach dem Wettkampf in Lillehammer für die Gefährdung von Schlierenzauer bei ihm und beim Trainerteam zu entschuldigen.

Schlierenzauer in akuter Verletzungsgefahr

Durch die Weigerung der Jury vor ihm zu verkürzen sei Schlierenzauer zum wiederholten Mal in akute Verletzungsgefahr und auch um den möglichen Sieg gebracht worden. "Es war am 6.12. nach dem neuen Schanzenrekord von Simon Ammann absehbar, dass es bei der nicht unrealistischen Konstellation: guter Sprung von Schlierenzauer und guter Wind im zulässigen Korridor, viel zu weit gehen würde. Die Fahrlässigkeit der Jury liegt im Umstand, auf schlechte Verhältnisse beim Sprung von Schlierenzauer und damit mit seiner Gesundheit zu spekulieren." Es sei dem Geschick des Sportlers und Glück zu verdanken, dass es nicht zu einer groben Verletzung kam, als er seinen Flug abbrechen musste und trotzdem erst bei 150,5 m landete und stürzte.

Der Wettkampf wurde danach mit 3:0-Jurystimmen fortgesetzt. Innauer richtet sich da vor allem gegen FIS-Renndirektor Walter Hofer, der diese wiederholten Fehleinschätzungen der Leistungsfähigkeit Schlierenzauers verhindern müsse. "Es will sich bei der Jury niemand mehr daran erinnern, dass die ÖSV-Verantwortlichen beim TD-Assistenten Jan Kowal gezielt und unmissverständlich Annullierung und Neustart des Durchgangs mit kürzerem Anlauf verlangt hatten. (Wenn das nicht im Protokoll steht, dann ist es unterschlagen worden.)"

Hinweise, so der Nordische ÖSV-Direktor weiter, "dass die Misere mit dem 'neuen Reglement' nicht passiert wäre" seien eine Vermischung von Dingen, "um von menschlichem Versagen im gültigen Reglement abzulenken". Durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von 0,02-0,45 m/Sek. in der Ergebnisliste erweckten einen "beschönigenden Eindruck, als hätte ein leichtes Lüftchen geweht".

Kritik äußert Innauer auch an dem "untauglichen und unfairen Versuch, die Verantwortung auf die Trainer und Sportler abzuwälzen". "Ihr hättet ja freiwillig verkürzen können!" "Dem Sportler und den Trainern wird die Entscheidung zwischen einem Wettbewerbsnachteil (durch die Wahl geringerer Anlaufgeschwindigkeit) gegenüber seinen Konkurrenten (durch freiwilliges Verkürzen) und Sturz-und Verletzungsrisiko (bei Beibehaltung der offiziell festgelegten Anlauflänge) zugemutet. Es gehört zu den grundlegenden Aufgaben einer Jury, in einer Risikosportart wie Skispringen, den Sportlern möglichst sichere und chancengleiche Ausgangsbedingungen zu verschaffen und sich dabei an den Besten zu orientieren." (APA)