Es tut gut, endlich im 20. Jahrhundert angekommen zu sein - obwohl das 21. Jahrhundert bald auch schon zu einem Zehntel vorüber ist. So kommentieren Teile der Lesben- und Schwulenbewegung den am Donnerstag im Nationalrat erfolgten Beschluss von eingetragenen Partnerschaften für Homosexuelle.

Man kann ihnen nur beipflichten, drückt dieser Spruch doch das Element des Zuspätgekommenseins aus, von dem das neue Rechtsinstitut durchdrungen ist. Und zwar trotz der Fortschritte, die es mit sich bringt und die hier keineswegs geschmälert werden sollen. Immerhin sind dem Beschluss mehr als zwanzig Jahre erregte Diskussionen und letztlich erfolgreiches Lobbying durch Homosexuellengruppen vorangegangen. In einem Staat mit starken konservativ-katholischen Traditionen, die ursprünglich allein der Vorstellung, dass Gleichstellung von derart "sündigem" Verhalten möglich und notwendig sein könnte, krass entgegenstanden.

Daher: Ja, die eingetragene Partnerschaft, durch die es Männer- und Frauenpaaren ab 2010 ermöglichen wird, ihre Beziehung staatlich abzusichern, ist ein wichtiger und richtiger Schritt. Die Änderungen in den 77 Einzelgesetzen, die sie mit sich bringt, stellen diese in weiten Bereichen mit heterosexuellen Ehepaaren gleich - zum Beispiel beim Erben und vor der Sozialversicherung, im Fremdenrecht (binationale Paare) und beim Datenschutz.

Und: Jawohl, Teile der ÖVP sind dafür über ihren weit rechts ausholenden Schatten gesprungen. Für sie, vielfach Bürgermeister kleiner Gemeinden am Land, ist das beachtlich - so beachtlich, wie ihre Furcht vor regenbogenparadenähnlichen Aufläufen am Gemeindeamt (und schlechter Presse danach) übertrieben war.

Festzuhalten aber bleibt, dass die österreichische Homoehe light durch unzeitgemäße Kompromisse erkauft worden ist. Und dass die Gleichstellung zum Teil nur über Umwege möglich wird, die vor geltendem Menschen- und EU-Grundrecht nicht halten werden - ja die, auf diese Vorgaben bezogen, zum Teil sogar zusätzlich diskriminierend wirken können.

Das zeigt sich - Stichwort Umwege - zum Beispiel bei den komplizierten Machinationen rund um die Namensänderung nach einer Eintragung. Zwei Frauen oder zwei Männer dürfen keinen gemeinsamen Familiennamen, sondern nur einen gemeinsamen Nachnamen führen. Eine zivile Namensänderung aber kostet 580 Euro pro Person. Diese von Homosexuellenpaaren zu verlangen, wäre gleichheitswidrig. Also verfiel man auf die "Lösung", eingetragene Partnerschaften mit namensrechtlicher Gebührenbefreiung einhergehen zu lassen. Aber nur, wenn die Befreiung zusammen mit dem Aufgebot beantragt wird. Wer das versäumt: Pech gehabt!

Desgleichen wurde - Stichwort fauler Kompromiss - ein dezidiertes Verbot für Schwule und Lesben, nach dem Tod des Partners für dessen Kinder zu sorgen, nur durch eine Notiz im Erläuterungsteil des Gesetzes umgangen. Ein solches Verbot hätte eingetragene Partner schlechter als nichteingetragene gestellt - grundrechtlich unhaltbar.

Wozu das alles? Weil für die katholische Kirche, den Familienbund und eine Reihe konservativer Politiker zwei Männer und zwei Frauen niemals eine Familie sind, es niemals sein dürfen. Weil sie darauf bestehen, dass die mit Familie einhergehenden Rechte exklusiv jener Mann-Frau-Kind-Einheit erhalten bleibt, die angesichts hoher Scheidungsraten den Lebensstil von immer weniger Staatsbürgern bestimmt. Diese wären Umfragen zufolge mehrheitlich sogar dafür, die Ehe für Homosexuelle zu öffnen. Im Verhältnis dazu wirken die politischen Eliten des Landes ziemlich alt.( Irene Brickner, DER STANDARD, Printausgabe, 11.12.09)