Hier gibt's die Knorpel in Mailand zum Beispiel:

Trattoria Da Pino
Via Cerva 14
Mailand
0039 02 76 00 05 32
Zwei Gänge, Wasser, Kaffee: 16,30 Euro

Foto: Fidler

Einmal ordert der Fidler vegetarisch - und dann wird's so fad: Pasta mit Kohl bei Da Pino.

Foto: Fidler

Sieht aus wie Presswurst mit viel Zwiebel, sind Knorpel vom Knie. Die könnte mancher brauchen.

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Keine Warnfarbe: Ordentlich Bottarga zur Vorspeis in der Latteria.

Latteria
Via S. Marco 24-22
Mailand
0039 02 65 97 653
Zwei Gänge, Wasser, Kaffee: 43 Euro

Foto: Fidler

Sardinen satt in der Premiata Pizzeria.

Premiata Pizzeria
Via E. De Amicis 22
Mailand
0039 02 89 40 60 75
Zwei Gänge, Hauswein, Wasser, Kaffee: 31 Euro

Foto: Fidler

Schon wieder vegetarisch, Fidler!

Artischocken römische Art mit vieel Polenta in der Premiata.

Foto: Fidler

Ausgezehrt: So sah ich aus, als ich von einer Woche Piemont und zuletzt zweieinhalb Tagen Mailand wieder in Wien aufschlug. Sagte die Vegetarierin an meiner Seite, und die hat praktisch immer Recht. Womöglich lag es an den Knorpeln.

Sex mit Madonna

Nein, ich meine jetzt nicht die mutmaßlichen oder möchtegernenden Models in dieser Metropole, deren Anblick schon ferndiagnostisch ein bisschen daran erinnert, was Guy Richie über Intimitäten mit Frau Madonna einmal gesagt hat: Sex mit einem Sack Knorpel. Ich indes habe keinen Sex mit Knorpeln, was ich mir insbesondere im Fall von Frau Ciccione auch nicht so schön vorstelle. Ich esse sie. Die Knorpel.

Rümpfen Sie jetzt nicht die Nase - Sie haben sie vermutlich auch schon gekostet. Oder hatten Sie noch nie Presswurst oder Sulz? Haben Sie sich das schon näher angesehen? Und durchgekaut? Da knuspert es auch ganz ordentlich. So haben wir uns die Insalade die Nervetti vorzustellen. Halt praktisch kein Rosa, nur Weiß (aus dem Kalbsbein, wenn ich das richtig verstanden habe) in Aspik. Grauslich? Haben Sie schon einmal nachgeforscht, was in Ihrer superfeinen, ultrafleischfern aussehenden Extra so drinnen ist oder jedenfalls sein kann? Reinhard Tramontana, ja, er starb an anderem, hat einmal eine ganze Profil-Seite mit den (möglichen) Inhalten eines solchen Wursthäutels gefüllt. Nach der Lektüre bestellen auch Sie lieber Nervetti, da wett ich.

Püree zur Presswurst?

In der recht einfachen, aber offenbar gerade renovierten Bottigleria da Pino gibt es die Knie-Knorpel als Hauptgericht. Etwas überraschend rät mir die Kellnerin nachdrücklich zu Contorni - etwa Erdäpfelpüree, was mir zur Presswurst doch etwas gewagt erscheint. Also lieber nur Brot und die beigepackte Unmenge an forschen Zwiebeln. Damit hätte ich mir locker den Single-Aufschlag für den Schlafwagen zurück ersparen können - und das mit Kohl-Pasta (Spiralnudeln aus der Packung) plus Wasser und Kaffee für nur 16,30 Euro.

Geradezu fürstlich hatte ich im Vergleich mein Lunch in der Latteria angelegt: Direkt gegenüber von „Corriere della Sera" und „Gazzetta dello Sport" schmurgelt Herr Arturo Maggi in Silberpfannen und -töpfen. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, nehmen sie den Speisen die Säure, sind außerdem total erdverbunden und natürlich und überhaupt. Sicher bin ich jedenfalls, dass Herr Maggi sehr, sehr stolz auf diese Entdeckungen ist.

Ein Mann sieht Orange

Bei meiner Vorspeise hab ich das Prinzip natürlich gleich ignoriert und den Salat mit ordentlich Bottargastreifen drauf bestellt. Sehr anständig portioniert der gepresste Rogen der Meeräsche, sehr, sehr orange. Aber halt ohne Silberpfannenbedarf.

Die kommt dafür bei meinem Spatola zum Einsatz, den ich mit ein bisschen Erklärung und ein bisschen mehr Herumgoogeln hier als einen Degenfisch präsentieren darf. Ich bin jetzt nicht ganz sicher, ob ich den Silbereffekt so richtig zu würdigen wusste, aber ich mochte die zart schmelzenden Filets „alla pizzaiola con olive" mit ordentlich Kapern und Paradeisern.

Da war es ohnehin zu spät, um auf die Polpettine umzuschwenken, die Maria Maggi beim langwierigen Erklären, was nun was auf der Karte ist, mir vorgeschlagen hatte. Fleischbällchen mit Steinpilzen. Wären schon was gewesen. Aber ich hatte da noch immer nicht den postpiemontesischen Fischbedarf gedeckt. Und Polpettine hatten mich ohnehin schon am Vorabend überrollt, als ich - siehe hier - versuchte, diesen Bedarf zu decken.

Nicht abschrecken lassen

„Lass dich nicht von Pizzeria abschrecken", hatte mir eine Mailand-Auskennerin noch mit auf die Reise gegeben, für die sie mich mit zwei sachdienlichen Hinweisen ausstattete: Kaffee (und Kuchen, wer's mag) in der herrlich altmodischen Pasticcheria Marchesi (kann ich nur empfehlen!) und eben die Premiata Pizzeria. Zum Abschrecken war's da ohnehin schon zu spät, als mir zwei Fischlokale in der weiteren Umgebung die Bewirtung verwehrt hatten.

Also nehm ich mir in der Pizze halt die frittierten Sardellen, auch Fisch, und weil ich gerade so in Fleischlosigkeitslaune bin, auch noch die Artischocken alla Romagna, geradezu diätetisch, wenn nicht ein Riesenfleck fester Polenta neben den Distelgewächsen gelandet wäre. Und mit der Fleischlosigkeit war's auch gleich nach der Bestellung vorbei, die Küche grüßte mit gut einem halben Dutzend Polpettine plus einigen groben Würfeln Rohschinken. Ein feiner Zug, womöglich vertrauensbildend, nicht abschrecken lassen und so.

Wobei: Die Pizze sahen ganz und gar nicht danach aus, als ob man Angst vor ihnen haben müsste. Außer vielleicht nach Polpettine, Rohschinken, einer Riesenportion ganz ordentlicher Alici, drei großen Artischocken und viel Polenta. Da passt dann doch besser ein Schnaps.