Sieht so das Lenkrad der Zukunft aus? Usability-Forscher Manfred Tscheligi probiert es am Simulator aus.

Foto: Markus Peherstorfer

An diesem Display, das in der Halbleiterproduktion bei Infineon in Villach eine Rolle spielt, könnte man noch einiges verbessern, meinen die Salzburger Forscher.

Foto: Markus Peherstorfer

Salzburg - Autofahren ist mitunter eine stressige Angelegenheit. Von allen Seiten strömen Informationen auf den Fahrer ein, Myriaden von Knöpfen und Anzeigen verteilen sich auf Lenkrad, Armaturenbrett und Mittelkonsole. Wer Autoradio, Klimaanlage, Fensterheber, Gangschaltung, Lichthebel und Navigationsgerät bedient und gleichzeitig auch noch auf den Verkehr achten soll, ist schnell überfordert.

"Cognitive overload" heißt dieser Zustand in den Worten von Manfred Tscheligi. Der gebürtige Kärntner ist seit 2004 Professor für "Human-Computer Interaction & Usability" am ICT&S Center der Uni Salzburg. Seit 1. Dezember leitet er auch das neue Christian-Doppler-Labor "Contextual Interfaces". Er will den Autofahrern das Leben einfacher machen.

Vibrierendes Lenkrad

Bisher strömt die Informationsflut fast ausschließlich über den Sehsinn auf den Benutzer ein, sagt Tscheligi - man könnte aber auch andere Sinne besser nutzen. Akustische Einparkhilfen seien ein Beispiel dafür, er denke aber auch an ein Lenkrad, das bei Gefahr vibriert. Auch den Beifahrer und die Passagiere auf den Rücksitzen müsse man stärker als bisher mitdenken, sagt Tscheligi. Der Beifahrer etwa könnte über ein eigenes Display mit Informationen zur Fahrt versorgt werden, während sich der Fahrer auf die Straße konzentriert.

Solche und ähnliche Ansätze probieren Tscheligi und seine Mitarbeiter im Salzburger Labor an einem eigenen Simulator aus. Im Moment ist dort ein Lenkrad installiert, in das ein Bildschirm und sämtliche Bedienelemente bereits eingebaut sind. Bei Testpiloten werden Daten wie Augenbewegungen oder Herzfrequenzen gemessen, um zu sehen, wie sie damit umgehen. Industriepartner für diesen Anwendungsbereich ist das oberösterreichische Unternehmen Audio Mobil, das Elektroniklösungen für Autocockpits anbietet.

Benutzerfreundlichere Fabriksroboter

"Es geht um die Schnittstelle von Mensch und Maschine", sagt Tscheligi, das gelte auch für den zweiten Anwendungsbereich: Gemeinsam mit dem Halbleiterchip-Hersteller Infineon Technologies Austria sollen die Produktionsabläufe in der Villacher Infineon-Fabrik verbessert werden. Die Fabrik sei hochgradig roboterisiert, schildert Tscheligi. Man werde zum Beispiel versuchen, die Displays der Roboter benutzerfreundlicher zu gestalten.

Für Infineon ist es bereits das fünfte Christian-Doppler-Labor, das vom Unternehmen unterstützt wird. "Wir haben den Ehrgeiz, die Innovationsfabrik in der Halbleiterei weltweit zu sein", sagte Vorstandsvorsitzende Monika Kircher-Kohl am Freitag bei einer Pressekonferenz zur Eröffnung des Labors: "Das ist ein Projekt, das uns auch hilft, den Standort Österreich abzusichern."

Verfeinerte Forschungsmethoden

Neben den beiden Anwendungsbereichen Auto und Fabrik soll im neuen Christian-Doppler-Labor auch Grundlagenforschung zum Thema Benutzerfreundlichkeit geleistet werden. Dabei geht es unter anderem um das Hinterfragen von Qualitätsfaktoren wie Sicherheitsgefühl, Freude bei der Benutzung, Vertrauen oder soziale Akzeptanz von Robotern. Auch die Forschungsmethoden zum Thema Usability sollen verfeinert werden.

Das Christian-Doppler-Labor "Contextual Interfaces" ist auf sieben Jahre angelegt, verfügt über ein Jahresbudget von 500.000 Euro und wird je zur Hälfte durch Bundesmittel und durch die beiden beteiligten Unternehmen finanziert. Das Land Salzburg stellt eine Anschubfinanzierung zur Verfügung. Insgesamt arbeiten im Labor etwa 15 Mitarbeiter (Postdocs, Dissertanten und Diplomanden) aus verschiedenen Disziplinen wie Informatik, Kommunikationswissenschaft, Psychologie, Soziologie oder Design. (Markus Peherstorfer, derStandard.at, 11.12.2009)