Wien - Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny hat am Montag die Einigung über die Zukunft der Hypo Alpe Adria begrüßt. Die Lösung sei im Interesse Österreichs, "sowohl im nationalen wie auch internationalen Rahmen". Denn die Hypo spiele "eine wichtige Rolle in Österreich und in Südosteuropa". Nun sei sichergestellt, dass "eine absolut notwendige, geordnete Restrukturierung der HGAA in Angriff genommen werden kann. Sowohl für die Privatkunden wie auch für die gesamte Wirtschaft Österreichs konnte damit eine massive Gefährdung zu einem kritischen Zeitpunkt vermieden werden", schreibt er in einer Aussendung am Montag.

"Diese Lösung ist zweifellos im Interesse aller Österreicherinnen und Österreicher, da eine Insolvenz mit deutlich höheren Kosten für den Steuerzahler verbunden gewesen wäre", so Nowotny, der die Gefahr einer Insolvenz als gebannt ansieht. Allerdings sei die Bank "nicht einfach", Altlasten müsse man "exakt und seriös aufarbeiten".

Scharfe Kritik an BayernLB

Auch die EZB begrüße die erzielte Lösung, berichtete Nowotny am Vormittag bei einer Pressekonferenz. Er habe bereits mit EZB-Präsident Jean-Claude Trichet telefoniert. Die österreichische Regierung habe sich für den Weg mit dem "geringeren Risiko" entschieden und "sehr verantwortungsvoll" gehandelt. Es gebe keinen "Run auf die Bank".

Scharfe Kritik äußerte Nowotny am Noch-Mehrheitseigentümer der Hypo Alpe Adria, der BayernLB: "Das Verhalten der BayernLB ist scharf zu kritisieren", sagte der Notenbank-Gouverneur. Eine öffentliche Bank könne sich nicht von einer Beteiligung, die sie mit einer Due-Diligence-Prüfung erworben habe, so einfach lossagen. Das BayernLB-Vorgehen sei offenbar "innenpolitisch motiviert".

FMA: "Gut versteckte Risiken"

"Mit der Übernahme der Hypo Group Alpe-Adria durch die Republik Österreich wird diese systemrelevante Finanzgruppe nachhaltig stabilisiert", begrüßten auch die Vorstände der Finanzmarktaufsicht (FMA), Helmut Ettl und Kurt Pribil, die gefundene Lösung. Damit wurden "einerseits die Eigentümer in die Pflicht genommen, andererseits hat die österreichische Bundesregierung ein klares Bekenntnis zur Unterstützung der österreichischen Finanzwirtschaft in dieser schwierigen Situation abgegeben - ein klares Signal an Kunden, Gläubiger und Geschäftspartner der Bank", schreiben sie in einer Aussendung.

Im Ö1-"Mittagsjournal" wies Ettl den Vorwürf früherer Versäumnisse zurück. Seit Jahren sei die Bank durch die FMA "massiv unter Beobachtung" gestanden, man habe dort verschiedene Maßnahmen gesetzt und etwa auch den Vorstand ausgetauscht. "Wir haben alle unsere Maßnahmen sehr energisch und effizient gesetzt", so Ettl weiter, die FMA habe "sehr zeitgerecht agiert" und zuletzt "allen Beteiligten ganz strikt kommunziert, dass es ein Ende der Verhandlungen geben muss. Und heute Früh war der letztmögliche Zeitpunkt." In der Hypo Group Alpe Adria seien "Risiken geschlummert", etwa am Balkan, die "gut versteckt" gewesen seien und erst durch das Asset Screening an die Oberfläche gekommen seien, das vor einem halben Jahr gestartet worden sei.

Faymann: Schäden von Republik abgewendet

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ließ per Aussendung wissen, die getroffene "Notfallmaßnahme" habe "unabsehbare Schäden vom Land Kärnten und von der Republik Österreich abgewendet". Mit der Übernahme der Hypo Alpe Adria seien Arbeitsplätze, Spareinlagen und Gehaltskonten geschützt sowie die Funktionsfähigkeit der Kärntner Wirtschaft erhalten worden, so der Bundeskanzler in einer Aussendung.

"Eine Insolvenz der sechstgrößten Bank Österreichs hätte - vor allem aufgrund der vom Land Kärnten eingegangenen Haftungen im Ausmaß von 18 Milliarden Euro - katastrophale Folgen für ganz Österreich sowie angrenzende Regionen gehabt." Von den Justizbehörden und den unabhängigen Gerichten erwarte die Regierung nun restlose Aufklärung sämtlicher im Raum stehender straf- und zivilrechtlicher Vorwürfe in der Causa Hypo Alpe Adria, so Faymann.

FSG-Katzian: "Restlos aufklären"

Auch der Vorsitzende der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG), Wolfgang Katzian, nannte die Verstaatlichung am Montag einen "unausweichlichen Schritt, dem allerdings noch weitere folgen müssen". Die Rettung dieser Systembank sei zwar notwendig für den Finanzplatz Österreich, die Steuerzahler, "die jetzt ihren Beitrag zur Rettung der Bank leisten müssen", hätten allerdings "ein Recht darauf, dass sämtliche Vorgänge restlos aufgeklärt werden". Die Finanzpolitik des BZÖ Kärnten sei "ein Musterbeispiel dafür, wie ohne Rücksicht auf Verluste freunderl-gewirtschaftet wurde".

Schenz: "Rechtliche Verantwortlichkeiten klären"

Der Kapitalmarktbeauftragte des Finanzministeriums, Richard Schenz, begrüßt das vereinbarte Maßnahmenpaket, wies in einer Aussendung aber auch darauf hin, dass zu den unerfreulichen Entwicklungen der letzten Zeit bei der Hypo Alpe Adria "mit Sicherheit auch massive Corporate-Governance-Defizite des früheren Managements" beigetragen hätten. "In diesem Zusammenhang sind auch die rechtlichen Verantwortlichkeiten zu klären." Das nun erzielte Verhandlungsergebnis sichere nicht nur die Einlagen der Sparer, "sondern bekräftigt auch das nachhaltige Engagement österreichischer Unternehmen in Mittel- und Osteuropa sowie im Balkanraum. Insgesamt wurde damit ein gewaltiger drohender Schaden vom Finanzplatz und Wirtschaftsstandort abgewendet."

FPÖ-Weinzinger: "Regierung hat versagt"

"Versagt" hat die Regierung als Aufsichtsbehörde hingegen für FPÖ-Finanzsprecher Lutz Weinzinger. "Noch im Vorjahr hatte man im Prüfergebnis der Hypo Alpe Adria von Gewinnen gesprochen. Auf Grundlage der vorliegenden Daten und Zahlen hätte die Hypo Alpe Adria jedoch schon vor einem Jahr unter staatliches Kuratel gestellt werden müssen", erinnerte Weinzinger, der auch "personelle Konsequenzen" forderte.

"Mit der nunmehrigen Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria werden die Wiener Großbanken - allen voran Treichl und Konrad - ihren Appetit auf die Kärntner Bank möglichst zum Nulltarif stillen können", so der FP-Finanzsprecher weiter. Und: "Das Problem der österreichischen Wirtschaftspolitik, die von SPÖ und ÖVP betrieben wird, ist, dass man schwer begründen kann, warum die österreichischen Steuerzahler nunmehr nach dem Bankenhilfspaket in Milliardenhöhe die Expansionspläne der Wiener Großbanken finanzieren sollen."

FPÖ-Mölzer: "Ende der Brot-und-Spiele-Politik"

Eine lückenlose Aufklärung fordert auch der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer. "Wenn letztendlich der Steuerzahler für den Milliardenschaden aufkommen muss, dann darf nicht einfach zur Tagesordnung übergegangen werden." Es bestehe der begründete Verdacht, dass schon beim Einstieg Tilo Berlins und beim Verkauf der Hypo Alpe Adria an die BayernLB nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Weiters erklärte der FP-EU-Abgeordnete, dass die Verstaatlichung der Hypo Alpe Adria "das unwiderrufliche Ende der von Haider begonnenen und von Dörfler fortgesetzten Brot-und-Spiele-Politik" bedeute. "Jetzt, wo kein Geld mehr da ist und der Schuldenstand Kärntens schwindelerregende Höhen erreicht, können keine Almosen mehr verteilt und auch keine sogenannten Events mehr subventioniert werden."

Grüne: "Ein einziger Selbstbedienungsladen"

"Wo bleiben die Konsequenzen für Kärnten und für Haiders Beihilfstäter und Nachfolger?", fragt auch der Budget- und Finanzsprecher der Grünen, Werner Kogler. "Dieses Hypo-Desaster hat Geschädigte: nämlich die österreichischen Steuerzahler. Und das Desaster hat Verantwortliche: den Ex-Landeshauptmann Haider, seinen Nachfolger Dörfler, begleitet von schwarzer Eskorte und rotem Dämmerschlaf", so Kogler.

Fragwürdig sei auch das Verhalten von OeNB und FIMBAG, die das Bankenpaket abwickeln. "Es ist mehr als bemerkenswert, dass die Hypo Alpe Adria noch vor einem Jahr als gesunde Bank qualifiziert wurde und 900 Millionen Euro EU-rechtswidrig ohne Auflagen hineingepumpt wurden. In Wahrheit hätte es damals schon harte Auflagen und ein Sanierungskonzept geben müssen. Schon jahrelang hat sich abgezeichnet, dass es sich bei der Hypo um eine besondere Bank handelte: Von der kroatischen Mafia bis hin zu den Kärntner Blau-Orangen ist das ein einziger Selbstbedienungsladen."

Der Landessprecher der Kärntner Grünen, Rolf Holub, fordert die Landesregierung dezidiert zum Rücktritt auf. "Die Kärntner BZÖ-ÖVP-Regierung hat das Hypo-Debakel zu verantworten und muss zurücktreten. Das BZÖ hat seit einem Jahrzehnt das Finanzreferat inne, die ÖVP ministriert entsprechend. Die Causa Hypo ist das Sinnbild der kurzsichtigen Eventpolitik Haiders und zeigt jetzt ihre Wirkung. Das ist das bittere Erbe von Jörg Haider", erklärte er via Aussendung.

KPÖ: "Alle Banken und Versicherungen verstaatlichen"

Finanzminister Pröll jongliere schon wieder mit Steuermilliarden, rede aber gleichzeitig vom Sparen - so fasst Franz Stephan Parteder von der steirischen KPÖ den Hypo-Deal zusammen. "Die arbeitenden Menschen unseres Landes sollen die Zeche für abenteuerliche Bankgeschäfte in Ost- und Südosteuropa und für den Bankrott der Haider-Politik in Kärnten zahlen. Manche Profiteure bleiben aber weiter im Dunkeln", kritisiert der KPÖ-Politiker und fordert "die sofortige Vergesellschaftung des gesamten Banken- und Versicherungssystems in Österreich unter demokratischer Kontrolle".

IV: "Hochprofessionelle Verhandlungsführung"

Die Industrie bewertet die Entscheidung über die Zukunft der Hypo Alpe Adria positiv: "In einer extrem schwierigen Situation wurde großer Schaden für den Finanz- und Wirtschaftsstandort Österreich abgewendet. Darüber hinaus wurde einmal mehr auch die Verantwortung, die Österreich in Mittel- und Osteuropa seit vielen Jahren trägt, wahrgenommen. Insgesamt wurde ein substanzieller Beitrag für den Erhalt der Attraktivität des Finanz- und Wirtschaftsstandortes Österreich geleistet", betonten Präsident und Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Veit Sorger und Markus Beyrer. Beide strichen die "hochprofessionelle" Verhandlungsführung durch das Finanzministerium hervor. "Es ist vor allem beachtenswert, dass es gelungen ist, die bisherigen Eigentümer zur Übernahme signifikanter finanzieller Verantwortung zu bringen."

Ausdrücklich lobte die IV auch "das neuerliche Engagement der österreichischen Systembanken für den Finanzstandort Österreich. Nun gelte es, im Sinne des vorsichtigen Umgangs mit Steuergeld, die Hypo Alpe Adria nachhaltig zu sanieren." Bei weiterem professionellem Vorgehen sollte es auch gelingen, in Zukunft die eingesetzten staatlichen Mittel "Schritt für Schritt wieder zurückzuführen".

BZÖ-Scheuch: Republik als "richtige Wahl"

Von einem "guten Tag für Kärnten" spricht auch der Kärntner BZÖ-Chef Uwe Scheuch. "Der Bankenstandort Kärnten wurde gesichert - und mit ihm unzählige Arbeitsplätze und Unternehmen. Das war das vorrangige Ziel", so Scheuch in einer Aussendung. Auf der Basis einer stabilen BZÖ-ÖVP-Koalition konnte man eine praktikable Einigung finden. Und, für die Zukunft des Landes sehr wichtig: Man konnte Begehrlichkeiten auf Kärntner Vermögenswerte wie Zukunftsfond und Kelag-Anteile abwehren", so der BZÖ-Obmann weiter, der sich auch bei Finanzminister Pröll bedankte: "Er hat letztendlich anerkannt, dass es um den Wirtschaftsstandort Kärnten geht und dass die Hypo eine immens wichtige Systembank für Österreich ist. Diese Einsicht war entscheidend für den Ausgang der Verhandlungen."

Die Republik jetzt ins Boot zu holen, sei die richtige Wahl für die Zukunft der Hypo-Bank gewesen, so Scheuch. "Das Team um Dörfler, Dobernig und Martinz hat die Verhandlungen auf Kärntner Seite ausgezeichnet geführt."

Leitl: Politische Einflüsse aufklären

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl schwankt "zwischen Wut und Erleichterung". Wut darüber, "dass so etwas entstehen konnte, so lange gedeckt und hinausgezögert wurde" - hier müssten die Verantwortlichkeiten lückenlos aufgeklärt werden. Andererseits habe Finanzminister Pröll "hervorragend verhandelt und das Beste herausgeholt". So bestehe zumindest die Chance, einen Teil des investierten Geldes wieder hereinzubringen, sagte Leitl zur Austria Presseagentur.

Er verlange von den Verantwortlichen, für die Verluste einzustehen - jedes Unternehmen, das so etwas gemacht hätte, "hätte es sofort zerrissen", so Leitl, nach einem Konkurs hätte es ein Krida-Verfahren gegeben. Leitl sieht drei Verantwortungsebenen: Die Geschäftsführung, den Aufsichtsrat und die Eigentümer-Ebene. "Alle drei Ebenen sind verantwortlich." Dies gelte auch für "politische Einflüsse, die geltend gemacht worden sind". Es sei zu hinterfragen: "Warum sind solche Einflüsse geltend gemacht worden, und warum hat man vom Management allenfalls solchen Einflüssen nachgegeben?" Dafür müsse es Konsequenzen geben.(red)