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Die Mehrzahl der Hotelbetriebe in Österreich rechnet in diesem Winter mit einem Rückgang der Nächtigungen um durchschnittlich drei Prozent. Mit dem Schnee steigt aber zunächst die Stimmung.

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"Krise noch nicht vorbei": ÖHV-Präsident Schellhorn.

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Der Präsident der Hoteliervereinigung, Sepp Schellhorn, warnt davor, leere Betten mittels Preisdumping zu füllen. Dies gehe an die Substanz der Betriebe. Die Fragen stellte Günther Strobl. 

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STANDARD: Wie viele der 13.000 Hotels, die im Winter in Österreich offen haben, werden am Ende der Saison für immer zusperren?

Schellhorn: Es gibt eine natürliche Marktbereinigung, die mit der Schwierigkeit zu tun hat, Nachfolger für die Betriebe zu finden. Es ist ja nicht so, dass die steuerlichen Rahmenbedingungen in Österreich Betriebsübergaben erleichtern würden. Die Wirtschaftskrise hingegen ist kein wesentlicher Grund, warum Hotels schließen.

STANDARD:  Von 2007 auf 2008 haben rund 400 Betriebe dichtgemacht, vorwiegend in der Ein-, Zwei- und Drei-Stern-Kategorie. Wird das in diesem Tempo weitergehen?

Schellhorn: Sicher, der Druck wird sich sogar noch verstärken. Während im oberen Segment noch mehr Betten dazukommen werden, fehlt uns bis zum Drei-Stern-Bereich ein entsprechend fittes Produkt.

STANDARD: Was ist falsch gelaufen?

Schellhorn: Statt zu versuchen, Zwei- und Drei-Stern-Hotels modern, hipp, jung und damit attraktiv für eine breite Zielgruppe zu machen, wurde das Heil in der Vier-Stern-Kategorisierung gesucht. Dort drängt sich jetzt alles, die Preisdurchsetzung ist schwer. Die Folge dieser ungesunden Entwicklung ist, dass es in Österreich sehr viele veraltete Zwei-Stern-Betriebe gibt, denen das Geld zum Investieren fehlt, weil sie nicht mehr die Zimmerpreise bekommen, die sie eigentlich bräuchten.

STANDARD: Gibt es mit plus/minus 13.000 Hotels in Österreich nicht insgesamt zu viele Betriebe - gemessen an der Größe des Landes?

Schellhorn: Wir sind immerhin Tourismusweltmeister, haben fast 128 Millionen Nächtigungen bei etwas mehr als acht Millionen Einwohnern. Es stimmt, wir haben ein Überangebot im Bereich der Privatzimmervermietung. Da ist aber schon seit Jahren eine Schrumpfung im Gang - und das ist gut so.

STANDARD: Quantität kann aber wohl nicht der einzige Maßstab sein?

Schellhorn: Letztlich ist der Preis entscheidend, den man für eine Dienstleistung erhält - keine Frage. Mich ärgert zum Beispiel, wie das Ergebnis vom Sommer schöngeredet wird. Das bringt absolut nichts.

STANDARD: Im August haben Sie noch ein Schreckensszenario mit minus 7,5 Prozent bei den Nächtigungen gezeichnet. Tatsächlich herausgekommen ist am Ende der Sommersaison ein Minus von 1,5 Prozent. Zu laut gebrüllt?

Schellhorn: Es ist richtig, wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Aber zu welchem Preis? Viele Hoteliers haben aus lauter Panik die Hosen heruntergelassen.

STANDARD: Die Betten wurden mithilfe von Dumpingpreisen aufgefüllt?

Schellhorn: Weitgehend. Davon haben möglicherweise die Tourismusverantwortlichen in den Ländern etwas. Dem Hotelier hilft es höchstens kurzfristig, indem er die Nächtigungsstatistik an seinen Bankpartner weiterreichen und sagen kann: Schau her, wir sind gut ausgelastet. Letztlich hat Preisdumping dramatische Auswirkungen auf den Betrieb. Denn bis die Hose wieder heraufgezogen ist, vergehen in der Regel zwei bis drei Jahre. Positiv war, dass zusätzlich vier Millionen Euro zur Bewerbung Österreichs auf den Nahmärkten flüssiggemacht wurden. Das hat den Einbruch gemildert.

STANDARD: Warum hat die Wirtschaftskrise dem Tourismus nicht härter zugesetzt. In anderen Branchen gab und gibt es Kurzarbeit bis hin zu Werksschließungen?

Schellhorn: Der Tourismus hat eine Nachlaufzeit von rund einem Jahr, das heißt, die Nagelprobe für uns kommt erst. 2010 wird ein entscheidendes Jahr.

STANDARD: Was sind die Erwartungen der Branche für diese Wintersaison?

Schellhorn: Unsere Mitglieder rechnen bei den Nächtigungen im Durchschnitt mit einem Minus von drei Prozent bis zum Saisonende im April. Fast jeder fünfte Betrieb erwartet einen Rückgang von bis zu fünf Prozent.

STANDARD: Und beim Umsatz?

Schellhorn: Gut die Hälfte der Betriebe rechnet mit Rückgängen, ist aber deutlich optimistischer als bei den Nächtigungen.

STANDARD: Die AUA ist seit dem Verkauf an die Lufthansa nur mehr von der Außenwirkung her österreichisch. Wirkt sich das nachteilig auf die Tourismuswirtschaft aus?

Schellhorn: Ich denke nicht. Die AUA ist nicht primär ein Tourismusvermarktungsinstrument. Wichtig ist, dass wir erreichbar sind. Wer uns anfliegt, ist sekundär. Für die österreichische Seele ist wichtig, dass die Heckflosse rot-weiß-rot bleibt. Das ist der Fall. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.12.2009)