Wien - "Der Begriff Burnout ist heutzutage in aller Munde und wird fast schon inflationär verwendet. Es gibt eine Vielzahl von Anbietern, die scheinbar nutzbringende Maßnahmen gegen Burnout in Unternehmen anbieten und oft mit nicht-wissenschaftlichen Methoden meinen, ein "Heilmittel" gegen Burnout oder Burnoutgefährdung gefunden zu haben. So wird sogar mitunter Gymnastik, Massagen oder ähnliches in Unternehmen als Maßnahmen gegen Burnoutgefährdung angeboten, ohne auf arbeits- oder unternehmensspezifische Faktoren einzugehen." Davor warnt der Berufsverband Österreichischer Psychologinnen und Psychologen (BÖP) in einer Aussendung.

Aus diesem Grund veranstaltete der BÖP gemeinsam mit dem Institut für Psychologie an der Uni Graz ein Experten-Symposium im Zuge der Veranstaltung "Führen ohne Burnout". Zusammen mit dem international renommierten Wissenschafter Michael Leiter wurde das Thema Burnout-Prävention diskutiert. Dabei wurden Schritte für eine Burnout-Prävention entwickelt.

Identifikation von Risikofaktoren hat Priorität

Spreche man heutzutage von Prävention von Burnout, werde meist nur auf Belastungsfaktoren in Unternehmen eingegangen. Doch es sei zu einfach, Belastung mit der Arbeitsmenge gleichzusetzen. Dann der Ratschlag "Arbeite doch einfach etwas weniger!" führe nicht zu einer Lösung. Vielmehr stelle sich die Frage, welche Bereiche in Firmen verändert werden können, die einerseits Burnout verhindern können, die Leistung erhalten oder sogar steigern lassen und auch tatsächlich von Seiten eines Unternehmens veränderbar sind, so das Resümee der Expertenrunde.

Michael Leiter stellte sechs Faktoren des Arbeitslebens vor: Beanspruchung, Gemeinschaft, Kontrolle, Belohnung, Werte und Fairness. Vor allem an den sozialen Beziehungen innerhalb der Firma (z.B. respektvoller, wertschätzender Umgang) könne präventiv angesetzt werden. Würden solche Risikofaktoren erkannt, könnten diese nicht nur beeinflusst, sondern auch in unternehmensspezifischen Präventionsprogrammen inkludiert werden. Daher gehe es um die klare Erkennung dieser Burnout-Präventions-Faktoren. Deren Berücksichtigung dieser Faktoren führe langfristig auch zu einer erhöhten Leistungs-fähigkeit der Mitarbeiter, so der Wissenschafter.

Sichtweise von Burnout-Prävention überdenken

"Vor allem bei Präventionsprogrammen müssen das Wiedererwerben von Engagement bzw. Motivation und der Aspekt der Gesundheit in den Vordergrund rücken. Nicht das Verhindern von Burnout, sondern das Fördern von "positiven" Aspekten kann helfen, Prävention attraktiver und wirkungsvoller zu gestalten", so Paul Jiménez vom Institut für Psychologie in Graz.

Die Zugangsweise, Burnout nur als Belastungsphänomen zu sehen, sei aus arbeitspsychologischer Sicht zu eng. Ein ressourcenorientierter Zugang mit der Identifikation von unternehmensspezifischen Risikofaktoren, aber auch Quellen und Potentialen für höheres Engagement seien wichtige Ansatzpunkte und auch eine Hilfe für Unternehmen, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gemeinsam mit den Mitarbeitern Arbeit und Leistung positiv zu verknüpfen. (red, derStandard.at)