Nürnberg - Im Zusammenhang mit dem Tod eines Deutschen während der argentinischen Militärdiktatur hat die Nürnberger Justiz einen Haftbefehl gegen den früheren Junta-Chef Jorge Rafael Videla erlassen. Zugleich sei ein internationaler Fahndungsaufruf ergangen, berichtete Justizsprecher Thomas Koch am Freitag auf Anfrage. Damit solle seine Festnahme auch für den Fall sichergestellt werden, dass sich Videla ins Ausland absetzt.
Das seit vielen Jahren betriebene Verfahren gegen den Ex-Junta-Chef war Ende 2009 neu in Gang gesetzt worden, nachdem in Argentinien jüngst Überreste der Leiche eines deutschen Junta-Opfers aufgetaucht waren.
Die Staatsanwalt wirft Videla Mord aus niederen Beweggründen vor. Der Junta-Chef habe damit die Verschleppung von Oppositionellen zu vertuschen versucht. Die Militärs hatten 1976 in Buenos Aires die Macht übernommen, Videla führte die Junta bis 1981 an. Erst 1983 kehrte Argentinien zur Demokratie zurück. Unter der Militärherrschaft wurden nach Schätzungen bis zu 30.000 Menschen umgebracht.
Ausgelöst wurden die neuerlichen Ermittlungen, weil in Argentinien Überreste der Leiche des Deutschen Rolf Stawowiok aufgetaucht waren. Das Verfahren der deutschen Justiz in seinem Fall war vor längerer Zeit eingestellt worden. "Wir hatten keine Leiche von ihm. Wir konnten daher auch nicht sicher sein, dass Stawowiok einem Tötungsdelikt zum Opfer gefallen ist", erläuterte Koch. Mit dem Leichenfund habe sich die Sachlage geändert, zumal Spuren darauf hinwiesen, dass Stawowiok erschossen wurde.
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg hatte im Jahr 2007 ihre Ermittlungen im Argentinien-Verfahren eingestellt, nachdem Argentinien eine Auslieferung von Videla abgelehnt hatte. Videla müsse wegen der Ermordung von Deutschen vor einem heimischen Gericht der Prozess gemacht werden, hatte die Justiz des lateinamerikanischen Landes seinerzeit ihre Entscheidung begründet.
Videla war 1985 wegen Menschenrechtsverbrechen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden, wurde aber schon bald darauf begnadigt. Auf seinen Befehl hin soll auch die Tochter des deutschen Theologen Ernst Käsemann, Elisabeth Käsemann, im Jahre 1977 entführt und später getötet worden sein. (APA)