Graz - Um verzweifelte Schwangere davon abzuhalten, ihre Neugeborenen auszusetzen oder gar zu töten, gibt es in Österreich die Möglichkeit, die Kinder zu gebären, ohne ihre Identität bekanntzugeben. "Es gibt Situationen, in denen Schwangere nicht mehr wissen, wie es für sie und ihr Kind weitergehen kann und sich aus sozialen, familiären oder psychischen Gründen mit der Mutterschaft überfordert sehen", berichtet Christina Pletz von der "Kontaktstelle Anonyme Geburt-Babyklappe" in Graz.
Seit Einführung der anonymen ambulanten Geburt im Jahr 2001 ist die Anzahl der Tötungen von Neugeborenen in Österreich um 50 Prozent zurückgegangen. Ganz verhindern lassen sich lebensgefährliche und tödliche Verzweiflungstaten von Müttern dennoch nicht.
Betroffene Frauen aus allen Schichten
Anonyme Geburt bzw. eine Abgabe an der Babyklappe stünden meist am Ende einer verdrängten, verheimlichten Schwangerschaft, schildert Pletz. "Betroffen sind Frauen aus allen Schichten, ihr Durchschnittsalter liegt zwischen 20 und 30 Jahren und ein Großteil von ihnen hat bereits Kinder", beschreibt Pletz das Profil der Klientinnen. Was ihnen gemeinsam ist: "Angst, Scham und Schuldgefühle belasten sie; sie haben meist keinen Menschen, dem sie sich anvertrauen können und sehen keinen Ausweg mehr".
Die Caritas betreibt im Auftrag des Landes Steiermark die Kontaktstelle, die kostenlos und anonym Information bietet. "Die Frauen können bei uns über ihre quälenden Ängste und Sorgen offen sprechen. Danach erhalten sie Informationen über die anonyme Geburt, Babyklappe und alternativen Möglichkeiten, wie Adoptionsfreigabe, Unterbringung auf einem Pflegeplatz und weitere Hilfe", so Pletz.
Beratung und Unterstützung
Für die Zeit bis zur Geburt, aber auch danach, steht die Kontaktstelle den Frauen mit Beratung und Unterstützung zur Seite. "Die Frauen müssen weder ihren Namen noch sonstige Angaben zur ihrer Person machen, keine Dokumente vorlegen und müssen auch in Zukunft keine rechtliche Verfolgung befürchten", so Pletz. Nach der Geburt übernimmt das Jugendamt die Verantwortung für das Kind und übergibt es in die Pflege von Adoptiveltern. Die Mutter hat jedoch sechs Monate Zeit zum Kind zurückzukehren, erst danach kann die Bewilligung zur Adoption erteilt werden.
In der Steiermark wird die anonyme Entbindung in elf steirischen Geburtsstationen kostenlos angeboten. 72 sogenannte anonyme Geburten zählte man dort seither. 2009 haben 11 Frauen diesen Weg gewählt. (APA/red)