Eine zu ausladende Bewegung am Schreibtisch und der Kaffee tropft in den Laptop - Userin Daniela K. fragte uns, wann ein Arbeitnehmer für Schäden am Arbeitsplatz haftet. derStandard.at/Karriere hat nachgefragt.
"Prinzipiell haftet der Arbeitnehmer für Schäden, die er schuldhaft bei Erbringung der Arbeitsleistung dem Dienstgeber oder dritten Personen zugefügt hat. Nur bei einer entschuldbaren Fehlleistung haftet er nicht. Das ist im Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) geregelt", erklärt Ingo Kaufmann, Vorstand der D.A.S. Österr. Allg. Rechtsschutz-Versicherungs-AG.
Entschuldbare Fehlleistungen
Nicht jedes Missgeschick wird jedoch gleich behandelt. Unterschieden wird laut Kaufmann zwischen vier verschiedenen Stufen. Unter die eingangs erwähnten entschuldbaren Fehlleistungen, bei welchen keine Haftung seitens des Arbeitnehmers besteht, falle beispielsweise der Irrtum eines Kfz-Mechaniker-Lehrlings über den eingelegten Gang oder ein Bedienungsfehler eines gering gebildeten Arbeiters an einer halbautomatischen Maschine und bei monotoner Arbeit.
Leichte Fahrlässigkeit
In Stufe zwei fällt leichte Fahrlässigkeit. Hier hafte der Arbeitnehmer grundsätzlich, aber diese Haftung könne vom Richter gemäßigt oder sogar gänzlich erlassen werden. Beispiel: das Befahren eines steilen Güterweges nach Eintritt der Dunkelheit mit einem LKW durch einen Lenker mit geringer Fahrpraxis, Verschütten des Kaffees über den Laptop entgegen der Weisung des Arbeitgebers, bei Verwenden des Laptops weder zu essen noch zu trinken.
Grobe Fahrlässigkeit
"Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich. Die Haftung kann aber vom Richter leicht gemäßigt werden", erklärt Kaufmann. Beispiele: Alkohol am Steuer beziehungsweise wesentliche Verletzung von Verkehrsvorschriften, das Zurücklassen einer Werkzeugkiste entgegen der Weisung, sie mitzunehmen oder in einem versperrten Raum aufzubewahren.
Vorsatz
Volle Haftung ohne Mäßigungsmöglichkeit durch den Richter bestehe beim Vorsatz: "Jede wissentliche und willentliche Schädigung in böser Absicht beziehungsweise auch jene Fälle, in denen der Arbeitnehmer einen Schaden nicht herbeiführen will, dessen Eintritt er aber für möglich hält und sich damit abfindet, fallen unter Vorsatz".
Aufkommen für den Schaden
Der Richter kann im Einzelfall bei Fahrlässigkeit eine Mäßigung des Ersatzes beschließen. "Hier werden das Ausmaß des Verschuldens beziehungsweise die im Gesetz genannten Kriterien wie Ausbildungsgrad, Arbeitsbedingungen, schadengeneigte Tätigkeit, etc. vom Richter zu berücksichtigen sein", erklärt der Versicherungsexperte.
Schadensmeldung und Beweise
Der Arbeitnehmer müsse im Rahmen seiner Treuepflicht dem Arbeitgeber den Schaden ohne unnötigen Aufschub zu melden. "Der Arbeitgeber muss allerdings ein grobes Verschulden des Arbeitnehmers nachweisen - hier kommt es auf die oben genannten Kriterien - wie Ausbildungsgrad des Arbeitnehmers beziehungsweise Vorliegen von Arbeitsanweisungen - an. Der Arbeitnehmer kann nur den Gegenbeweis antreten beziehungsweise vor Gericht ziehen und Mäßigung oder gänzlichen Erlass - bei Behauptung einer leichten Fahrlässigkeit oder entschuldbaren Fehlleistung - verlangen", weiß Kaufmann. Die bloße Meldung des Schadens an den Arbeitgeber sei noch kein konstitutives Anerkenntnis des Arbeitnehmers.
Haftung durch den Vorgesetzten
Bei rechtswidriger Weisung durch Vorgesetzte, wenn der Arbeitnehmer nur „unwissentliches Werkzeug" zur Ausführung war, kann auch ein Vorgesetzter für Schäden haften müssen. Andererseits haftet der Arbeitgeber nach außen hin für seine Erfüllungsgehilfen, so der Experte. Beispiel: Die Arbeiterin einer von einem Kunden beauftragten Reinigungsfirma lässt einen Kübel mit Wasser beim Stiegenhaus stehen. Der Kunde sieht dies nicht, stürzt und verletzt sich. "Hier muss der Arbeitgeber seinem Vertragspartner (Kunde, Anm.) vollen Ersatz leisten, kann sich aber intern nur über das DHG bei der Arbeiterin - wohl nur beschränkt - schadlos halten." (mat, derStandard.at, 5.1.2010)