Zagreb - Der vor kurzem noch allmächtige Expremier steht nun im Fokus einer Affäre. In wechselnden Funktionen war Ivo Sanader offenbar über fünfzehn Jahre hinweg der ideelle und, wenigstens ab und zu, auch operative Kroatien-Vertreter der Kärntner Hypo Alpe Adria, einer Bank, der Geschäfte mit kriminellen Waffenhändlern, Immobiliengaunereien und Geldwäsche vorgeworfen werden.

Seit Jahren schon kursiert der Verdacht, Sanader habe auch persönlich Geld genommen. So hat es die frühere Sekretärin eines kriminellen Tycoons ausgesagt, der für die Hypo offenbar über Jahre diskrete Geschäfte erledigte. Inzwischen tut sich in Zagreb eine zweite Quelle auf, die von noch mehr Geldflüssen in die Tasche des Politikers berichtet - alles in allem bis zu eine Million Euro.

Sanader schweigt. Auf Nachfrage per E-Mail antwortet er nur knapp, zu den "Lügen" habe er alles Nötige gesagt. Das Verhältnis der Bank zu dem Politiker geht zurück in die späten Achtzigerjahre. 1988 ging der damals 35-jährige Verlagshändler, nachdem er von seiner Firma in Split entlassen worden war, zurück an seinen Studienort Innsbruck. Sanader gründete 1990 mit Landsleuten in Tirol einen Verband der "Kroatischen Demokratischen Union" , der Partei des späteren Präsidenten Franjo Tudjman.

Noch von Kroatien aus hatte Sanader in Innsbruck auch eine Firma gegründet, gemeinsam mit Michael Passer, einem "freiheitlichen" Burschenschafter und Bankrotteur, der später als Gatte der Haider-Vertreterin Susanne Riess eine gewisse Bekanntheit erreichen sollte.

Der Direktor der Hypo Tirol machte Sanader mit Wolfgang Kulterer bekannt, dem neuen Vorstandschef der Hypo Kärnten. Die suchte Kontakte zum "in Gründung befindlichen" Kroatien, wie Kulterer später einmal sagte. Noch als Sanader Regierungschef war, trafen die beiden Gleichaltrigen sich vierteljährlich. Unterdessen begann sein früher Einsatz für die Partei sich für Sanader bezahlt zu machen. Rasch wurde er Minister für Wissenschaft, ging ins Außenministerium und landete schließlich als Büroleiter beim Präsidenten.

Sanader gelang damals gemeinsam mit Kulterer eine erste Kreditvermittlung. Der verkaufte das als Pioniertat: Die Kärntner Hypo sei wohl die einzige Bank gewesen, die dem verfemten Staat damals einen Kredit gegeben habe, meinte Kulterer einmal. Für ein Darlehen soll Sanader damals eine Provision von 400.000 Euro bekommen haben.

Ihren kroatischen Zweig baute die Hypo erst 1997 auf. Vorher war ihr Partner in Kroatien die Glumina Bank gewesen, kontrolliert vom Tudjman-Berater Ivić Pašalić, der bis heute in Geschäftsbeziehungen mit der Hypo steht. Die Verbindung öffnete den Österreichern den Weg ins Goldgräberzentrum der frühen Jahre. Pasalićs Freund Miroslav Kutle, Tennispartner Tudjmans und Herr über 170 Firmen, soll für die Schmiergeldzahlungen der Hypo zuständig gewesen sein. Sanaders Initialen I.S. finden sich auf einer informellen Liste - ein Detail ohne rechtliche, aber von politischer Beweiskraft. Daneben soll der damalige Vize-Außenminister Ende 1999 nach einer neuen Quelle aus Kutles Umgebung noch einmal 700.000 Mark in bar bekommen haben.

Kurz danach setzte sich der wenig bekannte Sanader überraschend an die Spitze der HDZ. Die Hypo finanzierte der HDZ auch etliche Wahlkämpfe. In Zagreb verdichten sich nun die Anzeichen, dass gegen Sanader Anklage erhoben wird. Die kroatische Hypo reagiert mit einer großzügigen Image-Kampagne: Kaum ein Film im Fernsehen, der nicht von der spendablen Bank gesponsort worden wäre. (nmn/DER STANDARD, Printausgabe, 29.12.2009)