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Nach Weihnachten ist vor Weihnachten: Auf den Einkaufstraßen und in den Shopping-Zentren ist am ersten Tag nach den Feiertagen fast so viel los wie an einem Adventsamstag.

Foto: APA/dpa/Frank Leonhardt

Viele Beschenkte nutzen die erste Gelegenheit, unerfreuliche Überraschungen unter dem Christbaum wieder loszuwerden. Zu kleine Unterwäsche ist schnell gewechselt, bei Schmuck ist Diskretion geboten.

Wien – "Der Umtausch ist in unserer DNA vorhanden", sagt Adrian. Vor einer Stunde hat er die Hervis-Filiale im Donauzentrum nach den Weihnachtsfeiertagen wieder aufgesperrt. Etwa 20 Prozent dessen, was er anGeschenken verkauft hat, schätzt er, wird in den kommenden zwei Wochen wieder zurückgebracht.

Vor allem Schuhe drücken oft oder haben die falsche Farbe. "Aber egal, welches Geschäft, es ist immer das Gleiche. Weihnachten ist eben eine schwierige Zeit" , schmunzelt er.

Genaue Zahlen darüber, wie viel wirklich zurückgebracht wird, gibt es nicht. Weil Geschäfte den Umtausch unterschiedlich handhaben, sind genaue Erhebungen schwierig. Die meisten bieten eine Gutschrift oder einen Umtausch an, manche zahlen das Geld zurück, einige wenige verweigern jegliche Rücknahme. Die Wirtschaftskammer schätzt jedoch, dass vor allem Kleidung und Sportartikel umgetauscht werden.

Unterwäsche passt oft nicht

Einen Stock unter Adrian, im Unterwäschegeschäft Skinny, sortiert die Verkäuferin BHs. "Bei uns wird vor allem Damenwäsche ausgetauscht. Die Herren greifen oft bei der Größe daneben" , meint sie. Bis zu 30 Prozent kaufen zu klein oder zu groß. "Aber das ist nicht so schlimm. Dann kommen die Damen eben allein wieder und suchen sich etwas anderes aus."

Während im Donauzentrum die Dichte an Einkäufern pro Quadratmeter noch deutlich geringer ist als vor den Feiertagen, ist die Mariahilfer Straße bereits wieder gut besucht. Menschen mit Einkaufssäcken drängen sich vorbei an Auslagen mit Ausverkaufsschildern.

Neben den Punschständen verengen hölzerne Verkaufsstände den Gehsteig. Vom vierblättrigen Plastikkleeblatt über das goldene Hufeisen bis zum Porzellanschwein mit nackten Frauenbrüsten, das sich aus einer Bananenschale schält, wird dort verkauft – wofür sich Sylvesterpartyschmeißer beschämt bedanken müssen.

Besonders viel los ist in der Buchhandlung Thalia. Dort ärgert sich Verkäuferin Ilse Ulrich gerade über einen Kunden. "Ich kann kein Buch zurücknehmen, in dem ‚Für den lieben Opa‘ steht" , erklärt sie. Den ganzen Tag ist sie schon damit beschäftigt, Bücher nach Widmungen zu durchsuchen, Retourscheine auszufüllen oder Kunden in die richtige Abteilung zu schicken. "Aber verglichen damit, was wir vor Weihnachten verkauft haben, kommt eigentlich wenig zurück" , sagt sie.

Besonders unbeliebte Bücher gibt es nicht: "Wir haben eigentlich damit gerechnet, dass vor allem Glattauers und Dan Browns zurückkommen, aber das geht jetzt quer durch die Bank."

Seit zehn Jahren arbeitet sie bereits in der Buchhandlung. In der Zeit seien die Umtäusche deutlich mehr geworden. "Die Konsumenten sind bewusster geworden, heute bringen sie Bücher eher zurück" , erklärt sie sich die Zunahme.

Die meisten kommen heimlich

Um die Ecke, in einem ruhigen Innenhof, dekoriert Fabian die Auslage von "Jasmins Jewellery" neu. "Das meiste, was wir umtauschen, sind Last-Minute-Geschenke von verzweifelten Männern" , sagt er. "Das sind oft sehr extravagante Stücke, die dann gegen etwas dezenteren Schmuck getauscht werden."

Viele würden Stücke, die sie nicht mögen, auch behalten – um den Schenker nicht zu verletzten. "Die meisten, die umtauschen, kommen heimlich. Nur manchmal steht der zerknirschte Mann daneben."

Geht es nach der Umtauschfrequenz, ist eine Wasserpfeife das perfekte Weihnachtsgeschenk. Im Growshop Bushplanet hat der junge Verkäufer in Lederhosen heute wenig zu tun. "Wir haben zwar vor Weihnachten viel verkauft, aber umgetauscht hat bisher noch keiner was", sagt er. (Tobias Müller, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.12.2009)