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Präsident Obama bei seiner Pressekonferenz auf dem Marinestützpunkt Kaneohe Bay, Hawaii

Foto: AP/Alex Brandon

Washington - Nach eingestandenen schweren Pannen der US-Geheimdienste im Zusammenhang mit dem vereitelten Flugzeuganschlag von Detroit und einem Selbstmordanschlag in Afghanistan hat Präsident Barack Obama deren Chefs ins Weiße Haus bestellt. Geheimdienstkoordinator Dennis Blair gilt als ablösereif. In Afghanistan hat die CIA einen der schwersten Verluste ihrer Geschichte erlitten. Der Selbstmordattentäter, der am Donnerstag sieben CIA-Agenten mit in den Tod riss, war als Informant eingeladen worden

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Washington - Kurz nachdem Pannen der US-Sicherheitsbehörden nach dem vereitelten Anschlag auf einen Passagier-Jet in Detroit bekannt wurden, ist nun auch die CIAwegen eines Attentats auf eine CIA-Basis in Afghanistan in den Fokus der Aufmerksamkeit gelangt. Der Anschlag ist nämlich nach einem Medienbericht von einem als Informanten eingeladenen Afghanen ausgeführt worden. Und der Mann wurde entgegen der Sicherheitsvorschriften bei seiner Ankunft auf der schwer bewachten Geheimdienstbasis nicht durchsucht, berichtete der US-Fernsehsender ABC unter Berufung auf jetzige und frühere CIA-Offiziere. Bei dem Attentat starben mindestens acht Amerikaner, davon sieben CIA-Mitarbeiter. Der Selbstmordattentäter hatte seine Bombenweste in einem Fitness-Raum der Anlage gezündet.

Die radikalislamischen Taliban bekannten sich zu der Attacke vom Mittwoch. US-Präsident Barack Obama würdigte am Donnerstag die Toten als "mutige Amerikaner" und Patrioten, die ein großes Opfer für ihre amerikanischen Landsleute gebracht hätten. US-Medien sprachen hingegen vom wohl blutigsten Schlag gegen den Geheimdienst seit Beginn des Krieges vor acht Jahren.

Im Fall des verhinderten Anschlags auf einen Passagierjet in den USAwurde nun öffentlich, dass dem geplanten Attentat Sicherheitspannen in Jemen vorausgegangen sind. Sicherheitsbeamte des arabischen Landes teilten am Donnerstag mit, der Täter Umar Farouk Abdulmutallab habe sich noch bis zur ersten Dezemberwoche im Jemen aufgehalten, obwohl sein Visum bereits am 21. September abgelaufen war. Bei der Passkontrolle auf dem Flughafen in Sanaa hätte der nigerianische Staatsbürger aufgehalten werden müssen. Weil die Behörden Hinweise auf Abdulmutallab nicht nachgegangen waren, hatte US-Präsident Barack Obama den Geheimdiensten bereits "potenziell katastrophale" Sicherheitslücken vorgeworfen und von einer "Mischung aus menschlichem und systemischem Versagen" gesprochen.

Wie die New York Times berichtete, sei es US-Agenten zudem schon lange vor der missglückten Attacke bekannt gewesen, dass ein Nigerianer im Jemen auf einen Anschlag vorbereitet werde. Entsprechende Diskussionen von Al-Kaida-Führern im Jemen habe die auf die Kommunikationsüberwachung spezialisierte Nationale Sicherheitsbehörde NSA schon vor vier Monaten abgefangen. Die Ergebnisse der NSA-Abhöraktion seien übersetzt und auch innerhalb des Geheimdienstnetzwerks weitergegeben worden. Experten im Nationalen Antiterrorzentrum in Washington hätten die Informationen dann aber nicht mit den Warnungen des Vaters von Umar Farouk Abdulmutallab in Verbindung gebracht, der Mitte November in der US-Botschaft in Nigeria vor der Radikalisierung seines Sohnes durch Islamisten gewarnt hatte.

Sein 23-jähriger Sohn hatte am ersten Weihnachtsfeiertag versucht, in einem voll besetzten Airbus der US-Gesellschaft Delta kurz vor der Landung in Detroit einen in seiner Unterhose versteckten Sprengsatz zu zünden, war dabei aber von anderen Passagieren überwältigt worden. Der Vater habe die US-Behörden gewarnt, aber sie hätten ihn nicht ernst genommen, hieß es.

In Regierungskreisen wird vor allem das Nationale Antiterrorzentrum in Washington für die Versäumnisse verantwortlich gemacht. Auch US-Geheimdienstkoordinator Dennis Blair gerät zunehmend in die Schusslinie der Kritik. Es wurde spekuliert, dass der für die Zusammenarbeit der 16 US-Geheimdienste zuständige Blair wegen Versäumnissen im Vorfeld des Vorfalls zurücktreten muss. Ein hochrangiger Mitarbeiter sagte, Obama werde die Verantwortung für die Versäumnisse auf höchster Ebene suchen. Präsident Barack Obama setzte für Dienstag ein Treffen mit den Chefs der Geheimdienste an.

Massiv in der Kritik der Republikaner steht auch Heimatschutzministerin Janet Napolitano. Sie hatte nach dem Anschlagsversuch zunächst erklärt, die Luftsicherheitsvorkehrungen hätten funktioniert. Zu dem versuchten Anschlag hatte sich die Terrororganisation "Al-Kaida auf der arabischen Halbinsel" bekannt.

Der in den USA geborene, radikalislamische Prediger Anwar al-Awlaki rückt zunehmend ins Zentrum der Ermittlungen. Er soll in Verbindung mit dem Beinahe-Attentäter Umar Farouk Abdulmutallab gestanden sein, meldete das Wall Street Journal am Donnerstag. Die USA sollen bereits Militärschläge gegen die Terroristen im Jemen vorbereiten, falls Obama einen Vergeltungsschlag befehlen sollte. Im Kampf gegen Al-Kaida bauen die USA ihre militärischen und wirtschaftlichen Hilfen für den Jemen deutlich aus. Im Haushaltsjahr 2010 sind 44 Millionen Euro eingeplant, um 56 Prozent mehr als 2009 und mehr als dreimal so viel wie 2008. (Reuters, dpa, AFP/DER STANDARD, Printausgabe, 2.1.2010)