Kabul - Ungeachtet internationaler Forderungen nach einer vorherigen Wahlreform soll in Afghanistan am 22. Mai ein neues Parlament gewählt werden. Diesen Termin nannte der Chef der Wahlkommission, Ali Najafi, am Samstag vor Journalisten in Kabul. Das Land brauche allerdings rund 50 Millionen Dollar (34,7 Mio. Euro), um die auf 120 Millionen Dollar geschätzten Kosten der Abstimmung begleichen zu können, fügte er hinzu.

Unklar blieb zunächst, ob die Wahl auch stattfinden könnte, wenn die internationalen Geldgeber die notwendigen Zuschüsse verweigern sollten. Man sei sich darüber im Klaren, dass die Vereinten Nationen gewisse Reformen am Wahlgesetz gefordert hätten, erklärte Najafi. Dies aber liege in der Hand des afghanischen Parlaments. Die Wahlkommission habe keine offiziellen Warnungen erhalten, dass die internationale Gemeinschaft die Wahl nicht unterstützen könnte.

Eine US-Delegation hatte diese Möglichkeit allerdings bei einem kürzlichen Besuch in Kabul angedeutet. Angesichts weit verbreiteten Wahlbetrugs bei der Präsidentenwahl vom vergangenen August halten internationale Beobachter eine Reform des afghanischen Wahlrechts für unabdingbar, so dass eine Verschiebung der Abstimmung vorgeschlagen wurde. Präsident Hamid Karzai bestand auf dem Mai-Termin, der von der Verfassung vorgegeben sei.

Eine andere Frage ist die Sicherheit während der Wahl. Najafi erklärte, in den am meisten von Anschlägen bedrohten Gebieten würden keine Wahllokale eingerichtet. Die Stimmberechtigten könnten dann aber in Nachbarregionen wählen. Diese Regelung galt schon bei der Präsidentenwahl in insgesamt zehn Stimmbezirken.

Parlament stimmt über Karzais Minister ab

Unterdessen begann das afghanische Parlament mit der Abstimmung über die neue Kabinettsliste von Präsident Karzai. Über alle 24 Ministerposten solle geheim abgestimmt werden, sagte Parlamentssprecher Hasib Noori am Samstag. Mit Ergebnissen wurde nicht vor dem Abend gerechnet. Wann die Minister vereidigt werden würden, stand zunächst nicht fest.

Über den 25. Ministerposten, den des Außenministers, soll erst nach der Afghanistan-Konferenz in London Ende Jänner abgestimmt werden. Zu der Konferenz wird der amtierende Chefdiplomat Rangeen Dadfar Spanta reisen, wie Noori weiter sagte. Mit der Einsetzung des Kabinetts wird das monatelange politische Vakuum gefüllt werden, das seit der Wahl im August in Kabul herrscht.

Möglichst wenig korrupt

Die internationale Gemeinschaft hatte Druck ausgeübt und darauf gepocht, dass die Ministerkandidaten als möglichst wenig korrupt gelten. Nach Darstellung von Transparency International ist Afghanistan das zweitkorrupteste Land der Welt nach Somalia. Mit den Personalentscheidungen Karzais, der unter anderem die Zahl der Warlords im Kabinett eingeschränkt hat, zeigten sich westliche Diplomaten insgesamt zufrieden. Zudem beließ der Präsident viele amtierende Minister auf ihren Posten. "Das ist ein Kabinett, mit dem wir arbeiten können", sagte ein ranghoher Diplomat, der nicht genannt werden wollte. (rede/APA)